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13.09.2017 // Recht + Betriebspraxis

Höhere Branchenzuschläge bei Zeitarbeit für Automobilzulieferer?

Automobilzulieferer, die Leiharbeitnehmer einsetzen, beschäftigen derzeit zwei aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 22. Februar 2017.

Darin hielt das BAG den Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME) auch für Betriebe anwendbar, deren „überwiegende Tätigkeit als Glied einer Fertigungskette unmittelbar auf die Fertigung eines Automobils oder sonstigen Fahrzeugs und seiner Bestanteile gerichtet ist“.

Nach dem weiten Verständnis des BAG könnten damit auch die textilen Automobilzulieferer unter den Branchenzuschlagstarifvertrag für Zeitarbeit der Metall und Elektroindustrie fallen.

Unter Berufung auf diese Rechtsprechung versuchen derzeit bereits einige Zeitarbeitsunternehmen von ihren Entleihern – die die entliehenen Leiharbeitnehmer für Tätigkeiten in der Fertigungskette eines Automobilherstellers einsetzen – eine Erhöhung der Vergütung für die Arbeitnehmerüberlassung entsprechend der Zuschläge des TV BZ ME einzufordern. Dies würde jedoch zu einer empfindlichen Mehrbelastung im Vergleich zu den Branchenzuschlägen für Arbeitnehmerüberlassung in der Textil- und Bekleidungsindustrie (TV BZ TB) führen.

Wir, unser Dachverband textil+mode und Südwesttextil, sind der Auffassung, dass die aktuellen Entscheidungen des BAG auf tarifgebundene Automobilzulieferer in der Textilindustrie jedoch nicht anwendbar sind. Dies wird im Übrigen auch vom Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) geteilt. Unserer Einschätzung nach, können diese Einzelfallentscheidungen nicht generalisierend auf alle Sachverhalte übertragen werden.

Dafür sprechen im Wesentlichen folgende Argumente:

#In Abweichung zu den benannten Entscheidungen gilt für tarifgebundene Automobilzulieferer der Textilbranche bereits ein eigener mit der IG Metall vereinbarter Branchenzuschlagstarifvertrag in der Arbeitnehmerüberlassung (TV BZ TB). Dieser ist daher speziell und vorrangig auf den Einsatz von Leiharbeitnehmern in Betrieben der Textilbranche anzuwenden.

#Nach diesem Tarifvertrag gilt in Zweifelsfällen zudem der im Kundenbetrieb des Personaldienstleisters angewandte Tarifvertrag. Dies sind also bei tarifgebundenen Automobilzulieferbetrieben der Textilbranche die Tarifverträge der Textilindustrie.

#Zudem hat sich das BAG in Bezug auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige, für die es den TV BZ ME für anwendbar hält, an der Einordnung des DESTATIS (2008) orientiert - hier am Wirtschaftszweig Kode 29 der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen. Textile Automobilzulieferer dürften hingegen unter den Wirtschaftszweig Kode 13 Herstellung von Textilien fallen, so dass auch insofern keine Vergleichbarkeit gegeben ist.

Unsere Empfehlung daher:

Sollten Sie mit Forderungen erhöhter Entgelte aufgrund vermeintlich zu zahlender Zuschläge des TV BZ ME konfrontiert werden, empfehlen wir (sofern unternehmerisch für Sie akzeptabel) diese zurückzuweisen.

Eine abschließende generalisierende Aussage dahingehend, dass der TV BZ ME bei textilen Automobilzulieferern nie zur Anwendung kommen kann, kann zwar nicht getroffen werden, es spricht aber viel gegen die Anwendbarkeit des TV BZ ME.

Dabei und auch bei allen weiteren Fragen zu diesem Themenbereich unterstützen wir Sie wie immer gerne. Kommen Sie hier jederzeit auf uns zu.

Ansprechpartner*innen

Nathan Binkowski

Geschäftsführer Tarifpolitik + Tarifrecht

Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Datenschutz

T +49 711 21050-21M +49 1520 9267588binkowski@suedwesttextil.de
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