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08.02.2017 // Recht + Betriebspraxis

Ruhezeit von Betriebsratsmitgliedern

Eine ununterbrochene Erholungszeit von elf Stunden am Tag sind zu gewährleisten

Ein Betriebsratsmitglied, das zwischen zwei Nachtschichten außerhalb seiner Arbeitszeit tagsüber an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen hat, ist berechtigt, die Arbeit in der vorherigen Nachtschicht vor dem Ende der Schicht einzustellen, wenn nur dadurch eine ununterbrochene Erholungszeit von elf Stunden am Tag gewährleistet ist, in der weder Arbeitsleistung noch Betriebsratstätigkeit zu erbringen ist. Nach § 5 Abs. 1 ArbZG (Arbeitszeitgesetz) ist dem Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren. Bei der Beurteilung, ob dem Betriebsratsmitglied in einer solchen Situation die Fortsetzung der Arbeit in der Nachtschicht wegen der bevorstehenden Betriebsratstätigkeit unzumutbar ist, ist die Wertung des § 5 Abs. 1 ArbZG zu berücksichtigen, so das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 18.01.2017 – 7 AZR 224/15.

Keine fixen Vereinbarungen hinsichtlich des Arbeitsorts

Die Parteien streiten um den Anspruch des Klägers auf Gutschrift von Stunden im Zusammenhang mit Betriebsratstätigkeiten. Der Kläger ist Betriebsratsmitglied und arbeitet im Dreischichtbetrieb. Er war in der Nacht vom 16.07. auf den 17.07.2013 für die Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr bei einer Pause von 2:30 Uhr bis 3:00 Uhr eingeteilt. Am 17. Juli 2013 nahm der Kläger von 13:00 Uhr bis 15:30 Uhr an einer Betriebsratssitzung teil. Mit Rücksicht auf diese Betriebsratssitzung arbeitete er nur bis 02:30 Uhr. Ihm wurde für diese Nachtschicht nur der Zeitraum bis 3:00 Uhr und von 5:00 bis 6:00 Uhr auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben, letzteres mit der Begründung, dass ab dieser Zeit dem Kläger eine Ruhezeit zur Erholung im Hinblick auf die anstehende Betriebsratstätigkeit zugestanden habe (8 Stunden von 5:00 Uhr bis 13:00 Uhr). Der Kläger verlangt nun die Gutschrift der beiden weiteren Stunden von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr. Die Klage hatte vor dem Bundesarbeitsgericht – ebenso wie zuvor beim Landesarbeitsgericht – Erfolg.

Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats auch dann von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts zu befreien, wenn eine außerhalb der Arbeitszeit liegende erforderliche Betriebsratstätigkeit die Arbeitsleistung unmöglich oder unzumutbar gemacht hat. Vorliegend war dem Kläger die Erbringung der Arbeitsleistung am 17.07.2013 jedenfalls ab 3:00 Uhr wegen der um 13:00 Uhr beginnenden Betriebsratssitzung unzumutbar, weil ihm bei Fortsetzung seiner Arbeit zwischen den Arbeitsschichten keine durchgehende Erholungszeit von elf Stunden zur Verfügung gestanden hätte.

Das Landesarbeitsgericht hatte in seiner Entscheidung zwar klargestellt, dass das ArbZG auf die Betriebsratstätigkeit keine Anwendung finde, was das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich offen gelassen hat. Allerdings sei nach Auffassung beider Gerichte im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung zu berücksichtigen, dass bei der Teilnahme an einer Betriebsratssitzung die Anforderungen an Aufmerksamkeit und geistige Leistungsfähigkeit denjenigen bei der Erbringung der vertraglichen Arbeitsleistung nicht nachstehen. Zudem sei der Schutzzweck des § 5 Abs. 1 ArbZG zu beachten, wonach die elfstündige ununterbrochene Ruhezeit der angemessenen Entspannung und Erholung sowie der Entfaltung der Persönlichkeit außerhalb des Berufslebens diene. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn der Kläger 10 Stunden Ruhezeit in Anspruch genommen habe. Ihm sei daher auch die zwischen 03:00 und 05:00 Uhr liegende Zeit zu vergüten.

Fazit: Betriebsratsarbeit ist unter den Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG „wie“ (und nicht „als“) Mehrarbeit zu vergüten und wird gem. § 37 Abs. 1 BetrVG im Rahmen eines Ehrenamts erbracht. Insofern spricht einiges dafür, dass Betriebsratsarbeit nicht dem Arb- ZG unterfällt. Der Arbeitgeber hat gegenüber Betriebsratsmitgliedern auch nicht die erforderlichen Kontroll- und Weisungsbefugnisse, um die Einhaltung des ArbZG bei der Erledigung von Betriebsratsarbeit sicherzustellen. Dies wäre aus der Sicht von Betriebsratsmitgliedern auch nicht wünschenswert und könnte die freie Amtsausübung gefährden.

Gleichwohl müssen Betriebsratsmitglieder vor einer Überbeanspruchung durch Betriebsratsarbeit und arbeitsvertragliche Tätigkeit geschützt werden. Betriebsratsmitglieder können vor oder nach erforderlicher Betriebsratsarbeit die arbeitsvertragliche Tätigkeit unter Fortbestehen des Vergütungsanspruchs verweigern, wenn ansonsten eine unzumutbare zeitliche Belastung entstehen würde. Bei der Bestimmung der Zumutbarkeit haben Betriebsratsmitglieder einen Beurteilungsspielraum, der jedenfalls dann nicht überschritten ist, wenn die Höchstarbeits- und Ruhezeiten nach dem ArbZG entsprechend herangezogen werden.

Die elfstündige Ruhezeit ist also auch zwischen Arbeitszeit und Betriebsratstätigkeit zu gewährleisten.

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