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31.07.2019 // Recht + Betriebspraxis

Die „Hürde“ bei der Einstellung: Der Betriebsrat

Der Betriebsrat ist vor Einstellung vollumfänglich über den Bewerber zu informieren, nicht danach.

Bevor ein neuer Mitarbeiter eingestellt werden kann, muss der Betriebsrat unterrichtet und seine Zustimmung eingeholt werden. Das besagt die insoweit bekannte Vorschrift des § 99 Abs. 1 BetrVG. Doch was passiert, wenn der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet wurde? Wird die Einstellung dann arbeitsgerichtlich aufgehoben? Oder kann der Betriebsrat auch nachträglich unterrichtet werden? Und was gehört überhaupt zu einer ordnungsgemäßen Unterrichtung?

Dazu hier ein Überblick: Für eine ordnungsgemäße Unterrichtung ist der Betriebsrat inhaltlich über die genauen Personalien und persönlichen Tatsachen des Bewerbers zu informieren, welche Aufschluss über die fachliche und persönliche Eignung für den vorgesehenen Arbeitsplatz geben. Anzugeben sind ferner Vollzeit oder Teilzeit, befristet oder unbefristet. Daneben hat der Arbeitgeber die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Dazu gehören zum einen die vom Bewerber selbst eingereichten Bewerbungsunterlagen. Zum anderen aber auch Unterlagen, die der Arbeitgeber erstellt hat. Also zum Beispiel ein Personalfragebogen oder sonstige Anmerkungen zu den Bewerbern, die für den Auswahlprozess relevant sind (beispielweise handschriftliche Aufzeichnungen aus dem Bewerbungsgespräch). Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber nicht nur Auskunft über den ausgewählten Bewerber geben muss, sondern auch über die anderen Bewerber. Allerdings kann der Betriebsrat – und das ist in der Praxis üblich – darauf verzichten, dass ihm alle Bewerbungsunterlagen vorgelegt werden.

Der Betriebsrat kann daraufhin der Einstellung zustimmen oder die Zustimmung verweigern. Ein Zustimmungsverweigerungsrecht hat der Betriebsrat nur in den in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgelisteten Fällen. Beispielsweise kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn gegen ein Gesetz oder eine Rechtsnorm verstoßen werden würde (Nr. 1). Praxisrelevant ist auch die Möglichkeit der Zustimmungsverweigerung, wenn trotz des Verlangens des Betriebsrats die Stelle nicht zuvor intern ausgeschrieben wurde. Die Auflistung der Verweigerungsgründe im Gesetz ist abschließend, d.h. der Betriebsrat kann die Zustimmungsverweigerung nicht auf andere Gründe stützen. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, muss der Arbeitgeber die Zustimmung arbeitsgerichtlich ersetzen lassen. Ansonsten darf die Einstellung nicht durchgeführt werden. Die Verweigerung der Zustimmung hat der Betriebsrat innerhalb von einer Woche nach der Unterrichtung dem Arbeitgeber unter Angaben von Gründen schriftlich mitzuteilen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt (sog. Zustimmungsfiktion).

Wurde der Betriebsrat nicht oder nicht ordnungsgemäß angehört, kann der Betriebsrat durch einen Antrag beim Arbeitsgericht vom Arbeitgeber nach § 101 S. 1 BetrVG die Aufhebung der Einstellung http://verlangen.Um ein solches Aufhebungsverlangen eines Betriebsrats geht es in der Entscheidung des BAG vom 21.11.2018. Der Betriebsrat begehrte die Aufhebung einer Einstellung, da der Arbeitgeber den Betriebsrat erst nach der Einstellung unterrichtet hat. Der Arbeitgeber ging irrtümlicherweise davon aus, den Betriebsrat nicht beteiligen zu müssen. Nach dem Gütetermin unterrichtete der Arbeitgeber den Betriebsrat vorsorglich, also erst zeitlich nach der Einstellung. Daraufhin reagierte der Betriebsrat nicht. Deshalb beruft sich der Arbeitgeber auf den Eintritt der Zustimmungsfiktion.

Das BAG verneint den Eintritt der Zustimmungsfiktion. Die Fiktionswirkung tritt nur ein, wenn der Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet wurde. Für die ordnungsgemäße Unterrichtung ist wie oben beschrieben die vollständige Vorlage der Unterlagen erforderlich. War die Unterrichtung unvollständig, läuft die Frist zur Zustimmungsverweigerung nicht. Wird die Unterrichtung durch den Arbeitgeber ergänzt, beginnt die Frist erneut zu laufen. Erst dann ist die Annahme einer Zustimmungsfiktion möglich.

Erforderlich ist aber auch, dass der Betriebsrat rechtzeitig unterrichtet wird. Ein Zeitpunkt der Beteiligung des Betriebsrates ist zwar gesetzlich nicht festgelegt. Allerdings hat sie nach dem Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts vor der Einstellung zu erfolgen. Denn eine Mitbestimmung ist nur möglich, wenn noch keine abschließende und endgültige Entscheidung getroffen ist. Daher ist die nachträgliche Unterrichtung nicht rechtzeitig und damit nicht ordnungsgemäß, was dazu führt, dass die Zustimmungsfiktion nicht eintritt.

Mit dieser Begründung hat das BAG entschieden, dass die Einstellung aufzuheben ist. Der Arbeitgeber kann also nicht durch bloße Nachholung des Beteiligungsverfahrens eine Aufhebung der Einstellung verhindern. Er kann sich dabei insbesondere nicht auf den Eintritt der Zustimmungsfiktion berufen. Stimmt der Betriebsrat dagegen trotz der nachträglichen Unterrichtung zu, wäre das Mitbestimmungsrecht gewahrt. Sinnvoll ist es, den Betriebsrat bei personellen Einzelmaßnahmen so früh wie möglich zu informieren. Das BAG bestätigt durch seine Entscheidung die Unumgänglichkeit des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats.

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