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21.04.2021 // Innovation + Nachhaltigkeit

Nachhaltiges Finanzwesen und EU-Taxonomie: Kommission verabschiedet Maßnahmenpaket

Die EU-Kommission unternimmt weitere Schritte, um Geld in nachhaltige Tätigkeiten zu lenken

Die Europäische Kommission hat heute ein ambitioniertes und umfassendes Maßnahmenpaket angenommen, das dazu beitragen soll, in der Europäischen Union mehr Geld in nachhaltige Tätigkeiten zu lenken. Die heute beschlossenen Maßnahmen werden die Anleger in die Lage versetzen, ihre Investitionen auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen umzustellen und so wesentlich zur Klimaneutralität Europas bis 2050 beitragen. Vor diesem Hintergrund wird die EU bei der Festlegung von Standards für ein nachhaltiges Finanzwesen eine globale Führungsrolle übernehmen.

Das Paket umfasst:

  • Die delegierte Verordnung zur EU-Klimataxonomie, die darauf abzielt, Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten zu fördern. Zu diesem Zweck wird klargestellt, welche Wirtschaftstätigkeiten am meisten zur Erreichung der EU-Umweltziele beitragen. Das Kollegium der Kommissionsmitglieder hat heute eine politische Einigung über den Text erzielt. Der delegierte Rechtsakt wird Ende Mai formal angenommen, wenn die Übersetzungen in alle EU-Sprachen vorliegen. In einer Mitteilung, die ebenfalls heute vom Kollegium angenommen wurde, wird der Ansatz der Kommission detaillierter dargelegt.
  • Einen Richtlinienvorschlag zur Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen. Dieser Vorschlag soll den Informationsfluss bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Unternehmenswelt verbessern. Er wird die Kohärenz der Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen erhöhen und dafür sorgen, dass Finanzunternehmen, Anlegern sowie dem breiteren Publikum vergleichbare und verlässliche Angaben zum Thema Nachhaltigkeit zur Verfügung gestellt werden.
  • Sechs delegierte Änderungsrechtsakte zu treuhänderischen Pflichten und zu Anlage- und Versicherungsberatung, die sicherstellen werden, dass Finanzunternehmen wie Beratungsgesellschaften, Vermögensverwaltungsgesellschaften oder Versicherer das Thema Nachhaltigkeit in ihre Verfahren und in ihre Anlageberatung für Kunden aufnehmen.

Der europäische Grüne Deal ist die europäische Wachstumsstrategie, die die Lebensqualität und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger verbessern, Europa bis 2050 klimaneutral machen und das Naturkapital und die Biodiversität der EU schützen, erhalten und verbessern soll.

Als Teil dieser Bemühungen benötigen die Unternehmen einen umfassenden Rahmen, der es ihnen ermöglicht, ihre Geschäftsmodelle nachhaltiger zu gestalten. Um diesen Wandel im Finanzwesen zu gewährleisten und Grünfärberei zu verhindern, werden alle Teile des heutigen Pakets die Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit der Angaben zur Nachhaltigkeit erhöhen. Das Paket wird den europäischen Finanzsektor ins Zentrum einer nachhaltigen und inklusiven wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Pandemie und der längerfristigen nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung Europas stellen.

Die EU-Taxonomie ist ein solides, wissenschaftlich fundiertes Instrument, das für Unternehmen und Anleger gleichermaßen Transparenz gewährleistet. So werden Anleger bei Investitionen in Projekte und Wirtschaftstätigkeiten, die sich deutlich positiv auf Klima und Umwelt auswirken, künftig von der gleichen Grundlage ausgehen können. Darüber hinaus werden Offenlegungspflichten für Unternehmen und Finanzmarktteilnehmer festgelegt.

Mit dem delegierten Rechtsakt, über den das Kollegium der Kommissionsmitglieder heute eine politische Einigung erzielt hat, wird der erste Satz der technischen Bewertungskriterien eingeführt, anhand deren bestimmt werden soll, welche Tätigkeiten wesentlich zur Erreichung von zwei der in der Taxonomie-Verordnung festgelegten Umweltziele beitragen: Anpassung an den Klimawandel[1] und Klimaschutz[2]. Diese Kriterien stützen sich auf wissenschaftliche Empfehlungen der Sachverständigengruppe für ein nachhaltiges Finanzwesen. Sie sind das Ergebnis zahlreicher Rückmeldungen von Interessenträgern und der diesbezüglichen Diskussionen mit Europäischem Parlament und Rat. Der delegierte Rechtsakt deckt wirtschaftliche Tätigkeiten von etwa 40 % der börsennotierten Unternehmen in Sektoren ab, auf die knapp 80 % der direkten Treibhausgasemissionen in Europa entfallen. Zu diesen Sektoren gehören Energie, Forstwirtschaft, Herstellung, Verkehr und Gebäude.

Die delegierte Verordnung zur EU-Taxonomie wird von Zeit zu Zeit weiter an neue Entwicklungen und den technischen Fortschritt angepasst. Auch die Kriterien werden regelmäßig überprüft. Dadurch wird sichergestellt, dass neue Sektoren und Tätigkeiten, einschließlich solcher, die den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft unterstützen oder andere Tätigkeiten ermöglichen, im Laufe der Zeit in den Geltungsbereich aufgenommen we

Mit dem heutigen Vorschlag werden die geltenden Bestimmungen der Richtlinie über die nichtfinanzielle Unternehmensberichterstattung überarbeitet und gestärkt. Ziel ist die Schaffung eines Regelwerks, das die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Laufe der Zeit auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung stellen wird. Die vorgeschlagene Richtlinie wird die EU-Bestimmungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf alle Großunternehmen und alle börsennotierten Unternehmen ausweiten. Damit werden künftig fast 50 000 Unternehmen in der EU detaillierte Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung einhalten müssen, d. h. deutlich mehr als die 11 000 Unternehmen, die den derzeit geltenden Anforderungen unterliegen. Die Kommission schlägt die Entwicklung von Standards für Großunternehmen sowie die Entwicklung getrennter, verhältnismäßiger Standards für KMU vor, die nicht-börsennotierte KMU freiwillig anwenden können.

Alles in allem soll der Vorschlag sicherstellen, dass die Unternehmen die von Anlegern und anderen Interessenträgern benötigten verlässlichen und vergleichbaren Informationen zu ihrer Nachhaltigkeit bereitstellen. Dies wird einen kohärenten Fluss von nachhaltigkeitsbezogenen Angaben im gesamten Finanzsystem gewährleisten. So werden die Unternehmen darüber Bericht erstatten müssen, wie Nachhaltigkeitsthemen wie der Klimawandel ihre Tätigkeit beeinflussen und wie ihre Tätigkeiten sich auf Mensch und Umwelt auswirken.

Darüber hinaus wird die vorgeschlagene Richtlinie die Berichterstattung für die Unternehmen vereinfachen. Die Tatsache, dass in diesem Bereich unterschiedliche Meldestandards und -rahmen eingehalten müssen, setzt viele Unternehmen unter Druck. Die vorgeschlagenen EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollten diese allesamt ersetzen und zugleich dem Informationsbedarf von Anlegern und anderen Interessenträgern gerecht werden.

Mit den heute angenommenen sechs Änderungsrechtsakten wird das Finanzsystem ermutigt, Unternehmen auf ihrem Weg zu nachhaltigem Wirtschaften zu unterstützen und auch bereits bestehende, nachhaltige Unternehmen zu fördern. Zudem wird der Kampf der EU gegen Grünfärberei dadurch gestärkt.

  • Anlage- und Versicherungsberatung: Wenn ein Berater die Eignung eines Kunden für eine bestimmte Anlage beurteilt, muss er nun mit dem Kunden dessen Präferenzen in Bezug auf Nachhaltigkeit erörtern.
  • Treuhänderische Pflichten: Mit den heutigen Änderungen werden die Pflichten eines Finanzunternehmens bei der Beurteilung der eigenen Nachhaltigkeitsrisiken (etwa der Auswirkung von Überschwemmungen auf den Wert der Investitionen) klargestellt.
  • Aufsichts- und Lenkungsanforderungen bei Anlage- und Versicherungsprodukten: Für Unternehmen, die Finanzprodukte auflegen, und für Finanzberater bedeutet dies, dass sie bei der Gestaltung ihrer Finanzprodukte Nachhaltigkeitserwägungen Rechnung tragen müssen.

Hintergrund und nächste Schritte

In den vergangenen Jahren hat die EU wichtige Schritte zum Aufbau eines nachhaltigen Finanzsystems unternommen, das zur Erreichung der Klimaneutralität Europas beiträgt. Die EU-Taxonomieverordnung, die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten und die Benchmark-Verordnung bilden die Grundlage der Arbeiten der EU zur Erhöhung der Transparenz und zur Bereitstellung eines Instrumentariums, das es den Anlegern ermöglicht, nachhaltige Anlagemöglichkeiten zu erkennen.

Nach der Annahme wird die delegierte Verordnung zur EU-Klimataxonomie vom Europäischen Parlament und vom Rat geprüft (innerhalb von vier Monaten, dieser Zeitraum ist einmal um weitere zwei Monate verlängerbar).

In Bezug auf den Vorschlag zur Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen wird die Kommission nun Gespräche mit dem Europäischen Parlament und dem Rat aufnehmen.

Die sechs delegierten Änderungsrechtsakte zu Anlage- und Versicherungsberatung, treuhänderischen Pflichten und Aufsichts- und Lenkungsanforderungen bei Anlage- und Versicherungsprodukten werden vom Europäischen Parlament und vom Rat geprüft (innerhalb von drei Monaten, einmal verlängerbar um weitere drei Monate) und dürften ab Oktober 2022 Anwendung finden.

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