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28.02.2020 // Fachkräfte + Märkte

Der neue Dekan der Reutlinger Textilfakultät

Seit Oktober 2019 führt ein neuer Dekan gemeinsam mit einem ebenfalls neuen Vorstandsteam die Geschicke der Fakultät Textil & Design. Der neue Dekan und Fashionmanagement-Experte Prof. Dr. Jochen Strähle spricht mit Südwesttextil über Ziele, Visionen und Herausforderungen.

Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Amtszeit als Dekan gesetzt und welche Schwerpunkte wollen Sie setzen?

Wir haben uns im Vorstand drei Ziele gesetzt. Das erste ist die Reakkreditierung aller sieben Studiengänge, mit dem Ziel, eine höhere Vernetzung und mehr Synergien innerhalb der Fakultät zu erzeugen. Das zweite Ziel ist es, das Texoversum aufzubauen und zum Leben zu erwecken und damit einen Ort zu kreieren, an dem Innovation rund um Textil stattfinden kann. Unser drittes Ziel ist es, die Marke Hochschule Reutlingen, mit uns als Fakultät, wieder zur ersten Anlaufstelle für textile Ausbildung in Deutschland zu machen. Schwerpunktmäßig sollen für mich die Menschen im Mittelpunkt stehen. Die Vision ist, dass wir hier die Welt von morgen durch Textil gestalten wollen und wir hier nur Dinge tun, die dem Menschen und der Gesellschaft helfen. Das fängt bei uns selbst, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen an und geht schließlich über die Studierenden hinweg in die Gesellschaft. Die Studierenden müssen das Gefühl haben, dass sie sich hier entwickeln können. Unsere Aufgabe ist es, ihnen die Möglichkeit dazu zu geben. Somit können wir einen positiven Mehrwert für die Gesellschaft schaffen.

Sie waren in verschiedenen leitenden Funktionen in der Modebranche tätig. Welche Erfahrung nehmen Sie aus dieser Zeit für Ihre Arbeit als Dekan mit?

Das erste ist, dass die Vergangenheit nur durch Veränderung in der Zukunft Bestand hat. Man muss Dinge ändern, damit sie besser werden. Das zweite ist, dass in jeder Organisation viele Talente schlummern, von denen man zunächst nichts weiß. Helfen, diese nach vorne zu bringen, ist unglaublich gewinnbringend. Das dritte ist, dass ohne die Menschen in der Fakultät nichts bleibt außer einer losen Hülle, das gilt im Übrigen für jedes Unternehmen. Das ist der zentrale Punkt.

Wie ist Ihre Vision für die Fakultät in zehn Jahren?

Bei der 175-Jahrfeier in zehn Jahren sollten wir die zentrale Anlaufstelle für textile Ausbildung in Deutschland sein. Wir sollten mit genannt werden unter denjenigen Orten, an denen Innovation für die Textilindustrie passiert. Das gilt für die Ausbildung, für die Hochschulbildung, die Weiterbildung, für Innovation und Politik. Wenn wir hier genannt werden, ist das Ziel erreicht.

Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell für die Textilindustrie und damit für die Fakultät?

Die deutsche Perspektive auf die Textilindustrie hat sich gewandelt. Produktion findet hier nicht mehr im großen Stil statt, deswegen sagt man der Branche weniger Relevanz für Deutschland nach. Global gesehen ist sie jedoch einer der größten, global vernetzten, Arbeitgeber. Wenn man an einem Standort mit dieser Perspektive und langfristig überschaubarer Produktion ein nichtsdestotrotz relevantes Feld besetzt, ist das eine Herausforderung. Es gibt viele Themenfelder, in denen Textil eine große Rolle spielt. Man darf es nicht mit Bekleidung alleine verwechseln bzw. gleichsetzten. Gerade Medizin, Mobilität und Architektur sind große Tätigkeitsfelder, in denen Textil eine tragende Zukunftsrolle hat. Ich glaube auch, im Vergleich zu anderen Branchen hat die Textilindustrie mit der Wahrnehmung von Textil in der Breite, mit dem Image, zu kämpfen. Die Frage ist, wie schaffen wir es junge Menschen dafür zu begeistern, dass Textil vielschichtiger ist, als es an der Oberfläche scheint und ein Zukunftsfeld ist, welches viel näher an den Lebenswelten der Menschen ist, als das vielleicht andere Branchen sind. Textil hat in vielen Bereichen Eingang, die wir für die Zukunft immer stärker benötigen. Zum Beispiel im medizinischen Bereich: Menschen werden immer älter – für eine bessere Versorgung spielt Textil eine Rolle. Menschen werden immer mobiler und benötigen zeitgemäße Lösungen. Der Leichtbau spielt eine immer wichtigere Rolle, hier hat Textil eine große Aufgabe. Bekleidung grundsätzlich natürlich auch. Viele Auswüchse der Klimakrise sind auch auf textile Produktion zurück zu führen – dafür braucht es Lösungen. Diese Lösungen müssen gefunden werden, auch das ist unsere gesellschaftliche Aufgabe.

Welche Skills der Studierenden und Absolventinnen und Absolventen der Fakultät liegen ihnen besonders am Herzen?

Jede Reutlinger Textilabsolventin und jeder Reutlinger Textilabsolvent hat Grundkenntnisse über Technologie, Design und BWL. Jeder, unabhängig davon, welcher Studiengang studiert wurde. Das ist einzigartig und liegt im Grundprofil der Hochschule verankert. Jeder, der hier bei uns ist, hat über alle Kernbereiche der textilen Wertschöpfungskette Wissen und Erfahrung, das ist einzigartig. Deswegen ist die Einsatzfähigkeit unserer Absolventen höher, als die manch anderer. Jeder unserer Absolventinnen und Absolventen hat substanzielles Wissen, gepaart mit der Neugier, Neues zu entdecken. Wir scheinen eventuell manchmal nicht so glamourhaft, aber wir können hier in Reutlingen Textil wirklich. In unserer Zeit wirken bunte Bilder zwar stark, aber langfristig setzt sich Substanz immer durch. Auch Internationalität ist für unsere Absolventinnen und Absolventen wichtig, findet jedoch nicht ausschließlich durch Auslandssemester statt, sondern wird hier auch auf dem Campus gelebt und gefördert.

Was war für Sie die größte Überraschung als Dekan?

Qua Funktion ist man als Dekan stark an allen Bereichen interessiert, dadurch nimmt man die Vielfältigkeit der eigenen Organisation noch mal stärker und intensiver wahr, als dass im Vorfeld der Fall war.

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