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04.09.2017 // Fachkräfte + Märkte

Ausstellung „New Stuff“

Airbags, Spezialgurten für die Raumfahrt, Hängebrücken, kugelsichere Westen, blinkende Fahnen oder lichtdurchlässige Betonplatten - moderne technische Textilien sind weit mehr als "nur" Stoffe. Das Textilmuseum St. Gallen widmet ihnen vom 23. August bis zum 2. April 2018 eine faszinierende Ausstellung.

Die Ausstellung gibt Einblick in die vielfältigen Anwendungen spezieller Textilien in Medizin, Architektur, Fahrzeugbau, Raumfahrt, Alltag, Sport oder Sicherheit.

Ein historischer Teil zeigt, wie textile Werkstoffe schon in früheren Jahrhunderten genutzt wurden. Neben einem türkischen Nomadenzelt, das dank seiner ausgeklügelten Herstellung aus Ziegenhaar das Klima im Innern regulierte, sind Beispiele aus der Luftfahrt und dem Fahrzeugbau zu sehen.

Dazu gehören ein tschechischer "Velorex"-Kleinwagen aus den 1940er Jahren, dessen Karosserie aus einem mit Stoff bespannten Gestänge besteht, die Fronthaube eines "Trabi" aus textilem Verbundstoff oder ein Faltboot. Auch Feuerwehrschläuche und Löscheimer waren aus Stoff, wie Exponate aus der Schlauchweberei Rothrist zeigen.

Zum Anfassen

Ein Materialarchiv lässt die Besucherinnen und Besucher Textilien aller Art anzufassen - natürliche Fasern, künstliche Filamente oder Verbundstoffe mit Kunststoffen und Harzen. Dieser Teil der Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Verein Material-Archiv und der Kunsthochschule Weissensee Berlin.

Am eindrücklichsten sind die modernen High-Tech-Anwendungen, die fürs Auge kaum noch als Textilien erkennbar sind: Geotextilien für die Sicherung von rutschenden Hängen, Beschichtungen von Pneus oder eines Benzintanks für die Formel 1, Befestigungsgurten für Raumfähre oder ein Nebelfänger, mit dem sich aus Tau Wasser gewinnen lässt.

Laut Kurator Michael Fehr (Berlin) sind die Qualitäten der "neuen Textilien" heute gefragter als je zuvor - leicht, fest, sehr flexibel sowie vielfältig verarbeitbar müssen sie sein. "Bei der richtigen Kombination von Material und Verarbeitungstechnik ist fast alles möglich", sagte Fehr.

In der Medizin gefragt

Textilien werden für Prothesen wie künstliche Kniebänder oder ein Federfuss für Behindertensportler eingesetzt. In der Herzmedizin kommen gewobene Stents oder ein EKG-Messgurt zur Anwendung, und eine künstliche Gebärmutter gibt frühgeborenen Babys Geborgenheit wie im Mutterbauch. Ein mit Sensoren gespickter Handschuh bietet taubblinden Menschen die Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren oder zu schreiben.

Beispiele "neuer Stoffe" sind auch ein Spinnaker-Segel für Frachtschiffe oder die Windenergienutzung, Schutzanzüge gegen Hitze, Kälte und Chemikalien oder kugelsichere Westen aus ultrastarken und dennoch sehr leichten Geweben. Keinen Platz in der Ausstellung fand, zum Bedauern der Verantwortlichen, die stichsichere Pferdedecke der britischen berittenen Polizei.

Verblüffend leicht wirkt eine Wand aus Lichtbeton, die dank eingearbeiteten Glasfasern Licht durchschimmern lässt. Über dem Eingang des Textilmuseums hängt eine animierte Fahne aus Stickerei mit LED-Lämpchen und leitenden Fäden, hergestellt in der St. Galler Stickereifirma Forster Rohner AG.

Dank Partnern möglich

Museumsdirektorin Michaela Reichel fand es "ungeheuer spannend", die Welt der hochtechnischen Textilien zu erobern: "Wir mussten völlig umdenken und den Begriff 'Textilien' in seiner Gesamtheit begreifen." Die Ausstellung sei nur dank der Hilfe vieler Partner aus Industrie, Universitäten und Forschungsinstituten möglich.

Textil sind selbst die Möbel für die Präsentation: Das Architekturstudio Zeller & Moye entwickelte in Zusammenarbeit mit einer St. Galler Firma Tische aus 13 Millimeter dickem "Textilbeton", die wie gewölbte Stoffe aussehen, aber stabil und schwer sind.

Dass die technischen Textilien auch auf Kreative ihren Reiz ausüben, zeigt etwa die Skulptur "Stone Web", ein grossformatiges filigranes Gitter. Zur Ausstellung erscheint ein 160 Seiten umfassender, farbig bebilderter Katalog.

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