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Geschäftsleiterin Tara Veit und Strickereileiter Walter Weidelich im Gespräch über Rohstoffzusammensetzungen und neue Produkte.
©Südwesttextil
06.12.2018 // Kommunikation + Event

Schnittfest und doch beweglich

Südwesttextil besuchte das Verbandsmitglied Fuchshuber in der Strickerei in Balingen.

Im September traf Südwesttextil in der Produktionsstätte der Fuchshuber Techno-Tex GmbH in Balingen Tara Veit, Geschäftsleiterin des Lichtensteiner Unternehmens, und Walter Weidelich, Leiter der Strickerei, zum Mitglieder-Interview. In lockerer Atmosphäre erzählten die beiden vom Unternehmen und dem Alltag des Spezialisten für Schutzbekleidung: „Zufrieden sind wir erst, wenn wir eine passende Lösung für den Kunden gefunden haben.“ Und das merkt man. Zwischendurch wird gefachsimpelt über die Anforderungen des Kunden oder über die Zusammensetzung einer bestimmten Materialmischung für ein neues Produkt.

Beide sind Textiler durch und durch und in den letzten beiden Jahren erst ins Unternehmen gekommen – die Geschichte des Unternehmens beginnt aber weit früher: Fuchshuber wurde, dank der Möglichkeit, selbst Hochleistungsfasern zu verarbeiten, in den frühen 80ern als eine der ersten Strickereien mit Ausrichtung auf persönliche Schutzbekleidung gegründet. Statt der massenhaft verfügbaren Chemiefasern wie Nylon oder Polyester kamen so schnell Werkstoffe wie Kevlar, Asbest sowie aluminisierte und mineralische Produkte mit hoher Hitzefestigkeit ins Spiel. So war Fuchshuber der erste deutsche Kunde von Dupont/Nomex und wurde Anbieter von flammfester Bekleidung, die nicht nur aus speziell ausgerüsteten Baumwollgarnen war, sondern aus inhärent flammfesten Fasern. Der zweite große Produktbereich entwickelte sich in Form von speziell für den Fechtsport geeigneter Kleidung. Durch das Durchstoßen mit der stumpfen Spitze kam es hier früher immer wieder zu tödlichen Unfällen und dies war nicht konform mit dem Image des elitären Sports. Es wurde daher Kleidung benötigt, die Schutz bietet, Bewegungen mitmacht und trotzdem dem modischen Anspruch gerecht wird. Eine bis zu 800 Newton große Kraft auf einem Zentimeter kann hier mittlerweile gehalten werden, bevor das dichte aber dennoch dehnbare Gestrick durchstochen werden kann. Heute besteht diese Kleidung meistens aus Dyneema® Garnen.

Mitglied

Vom Fechtsport in neue Geschäftsfelder

Aus der Anwendung im Fechtsport haben sich durch die Übertragung der Technologie in andere Anwendungsbereiche neue Geschäftsfelder entwickelt, wie beispielsweise die Schnittfestigkeit der Bekleidung. Mit Cutex® hat Fuchshuber ein komplettes Schnittschutzbekleidungs-Portfolio für Industrie und Sport entwickelt. Arbeiter, z. B. aus der Glasindustrie, werden dadurch genauso geschützt wie Hochleistungssportler aus den Bereichen Short Track, Eishockey und Ski Alpin. Ein weiteres Geschäftsfeld ist der Abriebschutz bei Motorrad- und Fahrradbekleidung. So fertigt das Unternehmen heute hochwertige, elastische Sicherheitstextilien, die den Anwender nachhaltig vor Gefahren im körpernahen Bereich schützen. Zu den Kernkompetenzen gehören die individuelle Produktion von Multi-Funktionsbekleidung sowie die Herstellung hierfür notwendiger Gestricke, die folgenden Hauptgefährdungen entgegenwirken: Flammen, Kontakthitze, Strahlungshitze sowie Störlichtbogen und elektrostatische Aufladungen. Sie bieten neben hoher Sichtbarkeit auch Schutz gegen UV-Strahlen sowie körperlicher Überhitzung und Kälte.

Zur Inspiration geht das Unternehmen auf Sportmessen, vernetzt sich in Forschungsgruppen und ist an Projekten als Industriepartner beteiligt. Neue Produkte basieren auf Impulsen von Kunden, Märkten und auf eigenen Ideen. Der Strickspezialist setzt sich hier stets das Ziel, als eines der ersten Unternehmen eine Lösung zu entwickeln und orientiert sich dabei an seinen Kunden. Im hochtechnischen Bereich bedeutet die Entwicklung eines neuen Produkts allerdings lange Testreihen und hohe Investitionen in Spezialfasern, bis die optimale Rohstoffzusammensetzung gefunden ist. Ein wichtiger Faktor sind hierbei im Bereich der Berufsbekleidung die Normen und das Prüfungsverfahren. Hier setzt Fuchshuber darauf, eine Qualität zu entwickeln, die skalierbar ist und nicht nur das Minimum der Normen erfüllt. Dem Kunden gegenüber werden Ergebnisse stets transparent kommuniziert.

Mit diesen Aktivitäten hat sich die Firma gut im Markt etabliert. Mit speziell für den Anbieter gefertigten Garnen und vielen Patentanmeldungen versucht sich das Lichtensteiner Unternehmen von der Konkurrenz zu schützen. Tara Veit bedauert dabei, dass sie selbst Kunden gegenüber skeptisch sein muss, wenn es darum geht, Muster zu verschicken. Sie selbst sei kein Freund von „copy and paste“, sie möchte eigene Lösungen anbieten. Daher ist das Unternehmen Spezialist für besondere Produkte geworden, die in enger Zusammenarbeit mit den Kunden entwickelt werden. Als verlässlicher und flexibler Partner produziert Fuchshuber selbst kleinere Auftragsmengen.

„Wenn wir nur große Kunden bedienen würden, wären wir nicht mehr hier.“

Dabei spielt die Liquidität des Unternehmens eine enorm wichtige Rolle, denn bestimmte Aufschläge für geringe Rohstoffmengen kann sich das Unternehmen nur aufgrund finanzieller Rücklagen leisten. Auch die Wertschöpfungskette bis zum Endprodukt birgt finanzielle und beschaffungstechnische Herausforderungen. Dies liegt zum einen an den vergleichsweise hohen Rohstoffpreisen für die benötigten Spezialfasern und zum anderen an der begrenzten Verfügbarkeit derer. Der Kreislauf der Produkte ist zusätzlich deutlich länger verglichen mit herkömmlichen Fasern. Bei der Hochrechnung aller Prozessstufen bis zum Zahlungseingang kommt die Geschäftsführerin hier auf etwa 25 Wochen. Über diesen Zeitraum muss der Lichtensteiner Spezialist die Produktion vorfinanzieren und haftet für Verspätungen und Produktionsausfälle. Bei Aufträgen, die kurzfristig vergeben werden, müssen außerdem noch vor Auftragsvergabe die Rohstoffkapazitäten gesichert werden. Im Optimalfall hat Fuchshuber richtig gepokert und erhält den Auftrag. In anderen Fällen bleibt das Unternehmen auf den teuren Fasern sitzen. So zeigen die Ausführungen von Tara Veit, dass in dem kleinen Team viel abgewogen und überlegt wird.

Erhalt von Know-how ist herausfordernd

Im Gespräch wird trotz generell guter Auftragslage und diverser neuer Anwendungsbereiche von funktionaler Bekleidung klar, dass der Erhalt des Know-hows in europäischen Unternehmen wie Fuchshuber durchaus herausfordernd ist. Die Hoffnung besteht, dass sich die Engpasslage auf Farbstoff- und Fasermärkten weltweit wieder erholt und dass besonders bei öffentlichen Ausschreibungen von Behörden vermehrt auf die Qualität und Herstellungsbedingungen geachtet wird. Generell bemüht sich das Unternehmen zunehmend um diese Ausschreibungen und hofft mit gestrickten Materialien unbequeme Qualitäten ersetzen zu können. Aktuell zählt bei Ausschreibungen aber trotz allem zu 50 Prozent der Preis, dazu kommen Kriterien wie Qualität und Lieferzeit. In anderen Ländern gibt es bereits Vorschriften, dass beispielsweise ein bestimmter Anteil der Produktion im Land passieren muss.

Ein wichtiger Aspekt ist für Fuchshuber die Verantwortung gegenüber dem Kunden, die viele Billigproduzenten nicht mehr garantieren. Mit viel Tüftelei und Teamarbeit wird hier an einem Produktportfolio gefeilt, das Menschen in ihrem täglichen Arbeitsumfeld schützt, ohne zu behindern. Trotz vieler Herausforderungen werden Werte wie Verantwortung, Qualität und Zuverlässigkeit erhalten und gleichzeitig bleibt die Entwicklung nicht stehen. Durch Zusammenarbeit mit Kunden und Forschungsinstituten wird Netzwerk gelebt und die Region geschätzt.

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