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12.12.2017 // Recht + Betriebspraxis

Sozialauswahl bei Bezug von Regelaltersrente

Bei einer betriebsbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber im Rahmen der Sozialauswahl vier Sozialkriterien zu bewerten und den bzw. die sozialstärkste Arbeiternehmer/in vor den sozialschutzwürdigeren Arbeitnehmern zu entlassen, die auf den Arbeitsplatz am stärksten angewiesen sind.

Die Sozialauswahlkriterien hat der Gesetzgeber abschließend festgelegt. Es geht um die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, eine etwaige Schwerbehinderung und zu guter Letzt das Lebensalter.

Im entschiedenen Fall des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24. April 2017 (Az: 2 AZR 67/17) kündigte der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der bereits eine Regelaltersrente bezog und schützte damit seine Kollegin (Mitte Dreißig) vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes. Letztere war verheiratet und Mutter eines Kindes. Der Arbeitgeber rechtfertigte seine Auswahlentscheidung auf Grundlage des Kriteriums „Lebensalter“ damit, dass der entlassene Arbeitnehmer wegen des Bezugs einer Regelaltersrente wegen seiner sozialen Absicherung sozial weniger schutzwürdig sei als die „junge“ Kollegin.

Diese Ansicht bestätigte das BAG. Bei Arbeitnehmern, die noch weit vom Renteneintritt entfernt sind, besteht die Gefahr, dass sie ggf. für längere Zeit beschäftigungslos bleiben und mittel- langfristig auf Entgeltersatzleistungen und staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen sind. Beziehern einer Regelaltersrente steht hingegen dauerhaft ein Ersatzeinkommen für die entfallene Vergütung zur Verfügung, sie sind abgesichert.

Die Auswahlentscheidung diskriminiere den Kläger auch nicht unangemessen wegen seines Alters. Die Ungleichbehandlung sei, so die Richter weiter und in ihrer Argumentation konsequent, wegen des dauerhaften Ersatzeinkommens gerechtfertigt. Jüngere, dem Rentenbezug fernere Arbeitnehmer erleiden durch den Verlust ihres Arbeitsplatzes in mehrfacher Hinsicht Nachteile. Sie verlieren ihre kündigungsschutzrechtliche Stellung beim alten Arbeitgeber, zählen beim neuen Arbeitgeber wegen dann kurzer Betriebszugehörigkeit erneut zu den Mitarbeitern, denen zuerst gekündigt wird und ein Arbeitsplatzwechsel „aus der Not heraus“ führt häufig zu Abschlägen im Entgelt. Der Arbeitsplatzverlust führt so – neben möglichen vorangegangenen Zeiten einer Arbeitslosigkeit – zu Nachteilen in der Rentenbiographie. Durch seine Entscheidung trägt das BAG dazu bei, die Hemmschwelle zur Kündigung rentenberechtigter Arbeitnehmer abzubauen. Wie sich dies in Zeiten des Fachkräftemangels jedoch in der Personalpraxis auswirken wird, bleibt abzuwarten.

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