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03.12.2018 // Recht + Betriebspraxis

Streikzone Parkplatz

Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts besagt, dass Arbeitgeber gegebenenfalls einen Streikaufruf auf ihrem Firmenparkplatz dulden müssen.

Das Bundesarbeitsgericht hat am 20.11.2018 entschieden, dass Unternehmen es unter Umständen hinnehmen müssen, dass Gewerkschaften ihre Streikposten auch auf einem betrieblichen Parkplatz aufstellen, wenn anders keine Möglichkeit besteht, die zur Arbeitsniederlegung aufgerufenen Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Betreten des Betriebes anzusprechen (Aktenzeichen: 1 AZR 189/17).

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Arbeitgeberin betreibt in einem Gewerbegebiet ein Versand- und Logistikzentrum. Zu ihrem Gelände gehören ein Betriebsgebäude, das über einen zentralen Eingang zugänglich ist, und ein ca. 28.000 qm großer Parkplatz, der überwiegend von den mit dem Auto zur Arbeit kommenden Mitarbeitern der Arbeitgeberin genutzt wird. Im September 2015 wurde die Arbeitgeberin an zwei Tagen bestreikt, wobei die Gewerkschaft den Parkplatz vor dem Haupteingang für ihre Streikaktion nutzte mit Stehtischen und Tonnen. Die streikenden Mitarbeiter stellten sich ebenfalls dort auf und forderten die zur Arbeit erscheinenden Arbeitnehmer zur Teilnahme am Streik auf. Zu physischen Zugangsbehinderungen kam es aber nicht. Bei einem eintägigen Streik im März 2016 ging die Gewerkschaft ähnlich vor. Die Arbeitgeberin begehrt die künftige Unterlassung derartiger Streikmaßnahmen.

Das Bundesarbeitsgericht gab jedoch der Gewerkschaft Recht. Das Streikrecht umfasse die Befugnis einer streikführenden Gewerkschaft, die zur Arbeitsniederlegung aufgerufenen Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Betreten des Betriebes anzusprechen, um sie für die Teilnahme am Streik zu gewinnen. Eine solche Aktion könne mangels anderer Mobilisierungsmöglichkeiten auch auf einem vom bestreikten Arbeitgeber vorgehaltenen Firmenparkplatz vor dem Betriebsgebäude zulässig sein. Es komme hier auf die örtlichen Gegebenheiten an. Auf dem nur 1 bis 1,5 m breiten Gehweg vor der Einfahrt zum Firmenparkplatz keine Möglichkeit gab, Streikposten aufzustellen, denn das hätte die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs erheblich beeinträchtigt. Auch ein Ansprechen der mit dem Pkw auf den Parkplatz einfahrenden Arbeitnehmer wäre nicht möglich gewesen, ohne dass es zu Verkehrsgefährdungen oder Staus gekommen wäre. Im vorliegenden Fall könne die Gewerkschaft daher nur auf dem Firmenparkplatz vor dem Haupteingang mit den zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmern kommunizieren und im Gespräch versuchen, auf Arbeitswillige einzuwirken. Die Arbeitgeberin habe daher eine kurzzeitige, situative Beeinträchtigung ihres Besitzes hinzunehmen.

Wie sich der Entscheidung entnehmen lässt, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Gewerkschaften haben im Allgemeinen kein Recht, Betriebsmittel des Arbeitgebers, also auch dessen Firmengelände, zur Organisation von Streiks zu nutzen. Wenn der Gewerkschaft andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen als Grundstück des Arbeitgebers zu „blockieren“, um Streikende zu mobilisieren, ist eine solche Maßnahme der Gewerkschaft nicht mehr verhältnismäßig und damit rechtswidrig.

Sollten im Rahmen der anstehenden Tarifverhandlungen Differenzen über die Zulässigkeit von evtl. Streikmaßnahmen auftreten, sprechen sie uns an.

Ansprechpartner*innen

Lydia Knapp, LL.M.

Referentin Recht + Betriebspraxis

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) – Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Nathan Binkowski

Geschäftsführer Tarifpolitik + Tarifrecht

Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) – Fachanwalt für Arbeitsrecht

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