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Das Ehepaar Elmar und Renate Sautter im neu eröffneten und adventlich geschmückten Ladenlokal.
18.12.2019 // Kommunikation + Event

Disana – ein Stück Naturtextilgeschichte

Im Gespräch mit Elmar Sautter über Einkaufserlebnis, Naturtextilien und die Unternehmenshistorie.

Wer beim Rundgang durch den neuen Disana-Laden in Holzelfingen am Rande der Alb mit Elmar Sautter, Geschäftsführer des Familienunternehmens, ins Gespräch kommt, der begreift schnell: die Firma Disana hat viele Geschichten zu erzählen – die des eigenen Unternehmens, die der Familie Sautter und auch die der schwäbischen Textilindustrie sowie der Naturtextilien. Und sie ist ebenso eng verstrickt mit der Geschichte vieler anderer Textilunternehmen in der Umgebung.

Die Idee für das Disana-Ur-Produkt – die gestrickte Baumwollwindel – entstand in den 60er Jahren während einer Urlaubsreise zweier befreundeter Ehepaare, beide im Besitz bekannter schwäbischer Textilunternehmen, nach Italien. Dabei entdeckt wurde eine textile Windel, damals an sich nichts Unübliches, doch im Unterschied zu den gewebten Windeln aus Deutschland war diese gestrickt und damit elastisch! Begeistert nahmen die Textiler das Produkt mit nach Hause und versuchten einen Produzenten zu finden – vergeblich.

Zum selben Zeitpunkt war Vater Dietrich Sautter als junger Mann in einer Strickerei beschäftigt, die ihm allerdings keinen Lohn ausbezahlen konnte. Stattdessen gab ihm der Chef eine alte Strickmaschine, damit er für seine Familie im Keller des Elternhauses durch eine kleine Strickproduktion Geld verdienen könne. Gesagt, getan. Mittlerweile bekannt als Strick-Tüftler und „verrückter Hund“ erfuhren die beiden Textiler von ihm und beauftragten ihn mit der Entwicklung eben dieser Strickwindel. Hier kommt Elmar Sautter das erste Mal ins Spiel, denn er trug schon als Säugling maßgeblich zur Produktentwicklung bei, war er es doch, an dem seine Eltern Imma und Dietrich Sautter die Windel testeten. Und so wuchs das kleine Unternehmen, das später mit seinen Bio-Baumwindeln u. a. bei Biosupermarkt-Pionier Alnatura und im Drogeriemarkt DM gelistet war.

Denn die Firma schrieb darüber hinaus ein großes Stück Naturtextiliengeschichte mit. Und das kam so: In den 60 - 70er Jahren wurden alle Babystoffwindeln mit Chlorbleiche „blütenweiß“ gemacht und Mutter Imma Sautter bemerkte hier einen Zusammenhang mit dem roten, wunden Baby-Popo. Sie beschaffte sich über Beziehungen 600 kg ungebleichte Baumwolle, testete und siehe da, das Problem war gelöst. Der erste textile Ökostandard „Baumwolle ungebleicht“ war geboren.

Im Café Ernst in Reutlingen wurde der Grundstein zum IVN gelegt.

Aus gemeinsamen Treffen mit anderen Naturtextilern im Café Ernst in Reutlingen entstand schlussendlich der „Arbeitskreis Naturtextilien“ aus dem der „Internationale Verband für Naturtextilien – IVN“ wurde, der in diesem Jahr sein 20. Jubiläum feiert. Dieser lieferte nicht zuletzt gemeinsam mit britischen, japanischen und amerikanischen Pionieren die Grundlage für den heute etablierten GOTS-Standard. Bereits bei diesen Treffen und Entwicklungen war Elmar Sautter dabei. Als Gartenbaulehrling wurde er schnell zum Agrarexperten auserkoren, erinnert er sich lachend. Auch später als es darum ging, die Politik von möglichen gesetzlichen Vorschriften zu überzeugen, reiste er mit nach Berlin.

In der Zwischenzeit ist es natürlich nicht nur bei den Windeln geblieben. 1982 wurde Disana (Dietrich und Imma SAutter NAturtextilien) offiziell als Unternehmen eingetragen und als vor 23 Jahren das erste Enkelkind auf die Welt kam, produzierte der stolze Großvater Dietrich Sautter in der Euphorie einen Pullover, der den Beginn der Oberbekleidungskollektion markierte. Mit der Geburt vom Elmar Sautters Tochter vor 20 Jahren wiederum begann das Unternehmen mit Walkstoffen aus Wolle zu arbeiten, um die herkömmlichen Fleeceprodukte zu ersetzen, in der sie immer fror. So fügt sich bei Disana eins zum anderen und lässt die Geschwister und Geschäftsführer Aiga und Elmar Sautter stolz auf eine 37-jährige Familien- und Unternehmensgeschichte zurückblicken. Lachend berichtet der Inhaber von seiner Nichte Freya, die bereits in der zweiten Klasse beschlossen habe, die Nachfolge der Mutter allerspätestens nach der Grundschule antreten zu wollen. Er selbst würde an ihrer Seite aber noch geduldet werden.

Strickerei, Näherei, Qualitätskontrolle, Verpackung und Versand – alles unter einem Dach.

Mittlerweile ist der Spezialist für Naturtextilien weltweit bei 820 Einzelhändlern in 32 Ländern vertreten. In der eigenen Strickerei, die vor drei Jahren in den Nachbarort Lichtenstein-Unterhausen umgezogen ist, werden die streng ökologisch eingekauften Strickgarne auf über 40 Flachstrickmaschinen verarbeitet und nach einem hochmodernen Zuschnitt in der Konfektion an 38 Nähplätzen zum Endprodukt verarbeitet – Strickerei, Näherei, Qualitätskontrolle, Verpackung und Versand, alles unter einem Dach „Made in Germany“. Darüber hinaus wird das Unternehmen durch eine befreundete Weberei unterstützt und lässt in sieben weiteren Betrieben in der Region konfektionieren. So arbeiten mittlerweile rund 100 Mitarbeiter für und mit der Disana-Familie zu der sie sich alle zugehörig fühlen. Und auch sie tüfteln ständig an neuen Ideen – ein schönes Beispiel ist dabei die Verwendung von Reststoffen, die mit dem neuen Cutter ausgeschnitten werden und die Kinder in Form von Herzen, Männchen, Blumen oder Tieren begeistern. Auch liebevoll geschneiderte Puppenkleider sind so entstanden und gehören mittlerweile als fester Bestandteil mit in die Kollektion im neu eröffneten Laden.

Dieser befindet sich in der ehemaligen Strickerei, die in den letzten drei Jahren für diesen Zweck umgebaut wurde und im ersten Stock die Verwaltung beherbergt. Natürlich lassen sich auch hier viele Disana-Geschichten entdecken, wie z. B. die alte Links-links-Strickmaschine gleich am Eingang.

Unser Gespräch wird an diesem trüben Novembernachmittag vom prasselnden Regen auf den großen Dachfenstern und Kinderlachen aus der Spielecke begleitet. Doch die Vision des Ladens lässt sich beinahe mit den Händen greifen, denn spätestens im Frühjahr, wenn der Umbau mit einem großen Fest eingeweiht wird, soll die große Freifläche davor voller Pflanzen sein – immerhin lernten sich Elmar und Renate Sautter als Gartenbaulehrlinge von Konkurrenzunternehmen bei der Auslieferung von Blumensträußen kennen. Doch auch ein Tagescafé mit Möbeln im Kaffeehausstil auf der Sonnenterrasse darf nicht fehlen, denn Einkaufen macht hungrig und sorgt bei dem Ausflug auf die Alb für kulinarischen Genuss. Für die „kleinen Hauptpersonen“, wird es einem Streichelzoo geben mit den „Rohstofflieferanten“ in Form von drei Skuddenschafen. Und zum Bau eines Baumhauses – das besondere Highlight – trommelt Elmar Sautter seine „Jugend-Gang“ von 1978 wieder zusammen.

So steht das gesamte Konzept für eine Marke, die liebevoll und stolz auf die Vergangenheit zurückblickt und selbstbewusst und frohen Mutes in die Zukunft. „Wir müssen hier dieses Einkaufserlebnis schaffen“, so der Unternehmer. „Denn wenn die Familien ihren Weg zu uns finden, dann kommen sie bewusst und haben weite Anfahrten.“ Um den Kunden ein Vollsortiment anbieten zu können, sind im Laden auch weitere Partnermarken zu finden, bei denen ebenso strenge Maßstäbe angesetzt werden wie bei der eigenen Produktion. Der Laden in Holzelfingen sei aber nur ein Anfang, sozusagen ein Prototyp für weitere Läden. So heißt es seit einer USA-Reise vor drei Jahren stetig am Abendbrottisch: „Der Papa will nach Washington.“ Im hippen Stadtteil Georgetown habe er in mitten der vielen bunten Läden zwischen Patagonia und dem ZDFHauptstadtstudio das perfekte Ladenlokal für ein solches Vorhaben entdeckt, erzählt er mit einem Augenzwinkern. Doch auch in vielen anderen Städten der Welt gäbe es bereits jetzt eine große Nachfrage nach Disana-Produkten – Chancen zum Expandieren. Der finanziell schwierige Start des Unternehmens habe ihm Demut gelehrt, nun freue sich die Familie aber über die Möglichkeit, gemeinsam solche Projekte angehen zu können.

Ansprechpartner*innen

Rebekka Rüth

Leiterin Kommunikation + Event und Nachhaltigkeit + Projekte

T +49 711 21050-16M +49 1590 4184842rueth@suedwesttextil.de

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