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01.03.2022 // Recht + Betriebspraxis

Hinweispflicht bezüglich Urlaubstage auch bei Langzeiterkrankung

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, alle Arbeitnehmer auf das Bestehen von gesetzlichen (Rest-) Urlaubsansprüchen hinzuweisen.

Dies gilt auch für Arbeitnehmer, die langzeiterkrankt sind (Urteil vom 07. September 2021, 9 AZR 3/21).

Die grundsätzliche Hinweispflicht des Arbeitgebers bezüglich des Bestehens von Urlaubsansprüchen ist nicht neu. Hierüber hatten wir bereits mehrfach informiert. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte bereits 2019 über den gesetzlichen Urlaub entschieden und eine Hinweispflicht des Arbeitgebers angenommen (Urteil vom 19. Februar 2019, 9 AZR 423/16). Es war allerdings unklar, ob die Verpflichtung des Arbeitgebers auch gegenüber langzeiterkrankten Arbeitnehmern besteht.

Dies ist nunmehr entschieden.

Allerdings hat das BAG ausgeführt, dass der langzeiterkrankte Arbeitnehmer sich nicht auf einen fehlenden Hinweis des Arbeitgebers berufen kann, wenn dieser fehlende Hinweis dafür nicht kausal wurde, dass er den Urlaub nicht nehmen konnte. Dies bedeutet, dass der langzeiterkrankte Arbeitnehmer, welcher seinen Urlaubsanspruch ohnehin aufgrund der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte, seinen Urlaubsanspruch auch dann zum 31. März des Folge-Folgejahres verliert, wenn er vom Arbeitgeber nicht über den Bestand informiert wurde.

Im Übrigen hat das BAG in seiner Rechtsprechung bestätigt, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers auch bei lang andauernder Erkrankung irgendwann verfällt – dies jedoch nicht bereits zum 31. März des Folgejahres, sondern erst nach 15 Monaten, zum 31. März des Folge-Folgejahres. Allerdings ist es aber nicht ausgeschlossen, dass der Europäische Gerichtshof, dem das BAG die Sache bereits im Juli 2020 vorgelegt hatte, anders entscheiden wird. Wir informieren diesbezüglich wieder.

Praxishinweis

Arbeitgeber sollten alle Arbeitnehmer – inklusive der langzeiterkrankten Mitarbeiter – mindestens einmal jährlich auf ihren noch bestehenden Urlaubsanspruch und dessen Höhe hinweisen sowie auf dessen „Verfallsdatum“ – und zwar zu einem Zeitpunkt, in welchem der Urlaub auch noch genommen werden kann, spätestens also zum Herbstbeginn. Inwieweit es Sinn macht, dies zusätzlich zu Beginn eines Jahres zu tun, muss abgewogen werden.

Auch macht es keinen Sinn, den Hinweis nur auf den gesetzlichen Urlaub zu beziehen. Das BAG sieht grundsätzlich auch eine Hinweispflicht im Hinblick auf den tariflichen Mehrurlaub (Urteil vom 26. Mai 2020, 9 AZR 259/19), sofern im Tarifvertrag hierzu keine anderslautende Regelung besteht.

Ansprechpartner*innen

Alexander Stöhr

Stv. Hauptgeschäftsführer | Leiter Recht + Betriebspraxis

Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) – Fachanwalt für Arbeitsrecht

T +49 711 21050-22M +49 1590 4071330stoehr@suedwesttextil.de

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