Kein Mindestlohn für Pflichtpraktikum vor Studium
Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass ein Pflichtpraktikum, welches aufgrund einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist, nicht mindestlohnpflichtig ist (Urteil vom 19.1.2022 – 5 AZR 217/21).
Zwar regelt § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Mindestlohngesetz vom Wortlaut her lediglich, dass ein Praktikum, welches verpflichtend aufgrund einer hochschulrechtlichen Bestimmung zu leisten ist, nicht dem Mindestlohngesetz unterfällt. Der Standardfall des so genannten Pflichtpraktikums nach hochschulrechtlicher Bestimmung ist in der Praxis zwar eher das Pflichtpraktikum, welches studienbegleitend durchgeführt werden muss, das Bundesarbeitsgericht argumentiert jedoch vom Sinn und Zweck der Vorschrift und stellt zusammengefasst klar:
Jedes Pflichtpraktikum, welches aufgrund einer schul- oder hochschulrechtlichen Bestimmung oder einer Ausbildungsordnung zu leisten ist, unterliegt nicht dem Mindestlohn. Dies gilt unabhängig davon, ob das Pflichtpraktikum als Zulassungsvoraussetzung bereits vor dem Studium oder erst studienbegleitend durchgeführt wird. Auch gilt für die Mindestlohnfreiheit für das Pflichtpraktikum keinerlei gesetzliche Höchstdauer, anders als für das sogenannte Orientierungs- oder das (freiwillige) studienbegleitende Praktikum, für welche jeweils eine dreimonatige Höchstfrist in Bezug auf die Mindestlohnfreiheit gilt.