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21.09.2021 // Recht + Betriebspraxis

Mit dem Second Closing zu effizienten Finanzierungsrunden? – Langer Atem dank genehmigtem Kapital

Wenn gegensätzliche Interessen der Gründer und Investoren oder Uneinigkeit innerhalb des Investorenpools auf die Verhandlungen über die Bedingungen eines gemeinsamen Einstiegs durchschlagen, verzögert dies den Mittelzufluss (hierzu Teil 1). Eine Lösung bietet das sog. Second Closing, durch das eine Finanzierungsrunde für (weitere) interessierte Investoren zu identischen Rahmenbedingungen offen gehalten werden kann (hierzu nun Teil 2).

Im ersten Teil der Beitragsreihe wurden die Voraussetzungen, Abläufe und Interessenkonflikte zwischen Gründern und Investoren im Rahmen von Finanzierungsrunden dargestellt und aufgezeigt. Weil Uneinigkeiten auf die Verhandlungen über die Bedingungen eines gemeinsamen Einstiegs durchschlagen, verzögert dies den Mittelzufluss. Eine Lösung kann das sog. Second Closing bieten.

Die Lösung bei der GmbH – Das Second Closing

Die Investoren erhalten durch ihre Finanzierung grundsätzlich Anteile an dem Unternehmen. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die Investoren mit dem Unternehmen und ihrem Investment die gleichen Ziele verfolgen würden. Verhandlungen über das Investment und dessen Konditionen können daher je nach Investor individuell sehr unterschiedlich sein und die Forderungen bzw. Wünsche der Investoren können weit auseinander gehen. Eine Möglichkeit, die Verhandlungen erfolgreich zu Ende zu bringen und gleichzeitig das Problem der Gesellschaft – möglichst bald die benötigte Liquidität zu erhalten – zu lösen, bietet die Kapitalerhöhung aus dem sog. genehmigten Kapital, § 55a GmbHG. Denn anstatt die Abwicklung von Kapitaleinlagen und Anteilsausgabe in einem einheitlichen Vorgang durchzuführen, können mit dem Second Closing Anteile aus dem genehmigten Kapital jeweils individuell und jedem Investor einzeln im Rahmen eines gesonderten Übernahmevertrages (Closing) angeboten werden.

Trotz der zuvor erfolgten Beteiligung eines Investors, hat dieser (als neuer Gesellschafter) bei richtiger Gestaltung der Kapitalerhöhung aus dem Genehmigten Kapital keine Möglichkeit das Second Closing zu beeinflussen.

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Formalitäten

Genehmigtes Kapital ist, vereinfacht ausgedrückt, die Ermächtigung an die Geschäftsführer einer GmbH unter bestimmten Bedingungen innerhalb der nächsten (max. 5) Jahre das Stammkapital der Gesellschaft um einen bestimmten Betrag (bis zu 50% des bisherigen Stammkapitals) zu erhöhen. Diese Ermächtigung erfordert einen notariell beurkundeten Beschluss einer Mehrheit von ¾ der Gesellschafter (außer die Satzung trifft hier spezielle Regelungen), der im Handelsregister eingetragen werden muss.

Inhalte

Der Vorteil des genehmigten Kapitals liegt in der Entkopplung der individuellen Verhandlungsrunden. So kann die Finanzierungsrunde mit Investor A bereits abgeschlossen sein und die Zahlung unmittelbar erfolgen, während mit Investor B noch über bestimmte (Neben-)Konditionen verhandelt wird. Dadurch kann der kritische Zeitfaktor abgeschichtet werden, sodass Verzögerungen eines Investors die Hebelwirkung auf die übrigen genommen und den Interessen aller Beteiligten bestmöglich Rechnung getragen wird. Dabei gilt es sicherzustellen, dass die Vorgaben der Kapitalerhöhung für die jeweiligen Investoren und die Unternehmensbewertung identisch bleiben.


Die rechtliche Konstruktion des genehmigten Kapitals sollte deshalb insbesondere die folgenden Inhalte abdecken:

  • Zeitraum der Ermächtigungsdauer (insb. unter dem Aspekt der Bewertung ist dies kritisch)
  • Ausgabepreis
  • (Kern-)Modalitäten der Kapitalerhöhung
  • mit den Geschäftsanteilen verbundene Sonderrechte der Gründer und Übernehmer
  • Festlegung der Gewinnberechtigung
  • Evtl. Zustimmungsvorbehalts zu Gunsten besonderer Gremien wie Beiräte

Durchführung

Um das Second Closing für den betreffenden (zweiten, dritten,…) Investor durchzuführen, ist dann jeweils ein formwirksamer Beschluss der Geschäftsführung zum Vollzug der Teilkapitalerhöhung im Rahmen der Ermächtigung, sowie der der Abschluss des jeweiligen Übernahmevertrages mit dem Investor (durch not. beglaubigte Übernahmeerklärungen und formbedürftige Annahmeerklärungen) erforderlich.

Auch an den Geschäftsführerbeschluss werden insoweit formell und materiell genaue Vorgaben gemacht. Er muss mindestens die folgenden Punkte erfüllen:

  • Bezifferung eines konkreten Erhöhungsbetrages
  • Anzahl und Nennbetrag der auszugebenden Geschäftsanteile
  • Bezugsrechte/Zulassung der konkreten Investoren (bzw. der Ausschluss der Gründer und bereits eingestiegenen Investoren)
  • Etwaige Nebenpflichten im Zusammenhang mit dem Einstieg des Investors
  • Fälligkeit der Einlagepflicht bzw. Zahlungsmodalitäten, wie z.B. Zahlung des Agios in Raten
  • Zeitpunkt der Gewinnberechtigung

Risiken

Obwohl die Vorgaben rechtlich eindeutig umschrieben sind, erfordert sowohl die Anwendung und Formulierung der Gesellschafter- und Geschäftsführerbeschlüsse, als auch die flankierende Regelung der Gesellschaftervereinbarungen und sonstigen Abmachungen besondere Aufmerksamkeit. Es ist insbesondere darauf zu achten, dass die gesetzlich vorgegebenen Formvorschriften umfassend beachtet werden.

Werden diese nicht eingehalten, kann das zur „Gesamtnichtigkeit”, d.h. zur Unwirksamkeit, der gesamten Finanzierungsrunde führen. Selbst bei Einhalten der wesentlichen Vorgaben, können Ungenauigkeiten in den Formulierungen den Einfluss der Geschäftsführung oder der neuen Gesellschafter deutlich erhöhen oder gar erst begründen und den Gesellschaftern dadurch Nachteile entstehen.
 

Handlungsempfehlung / Fazit

Das Second Closing ist eine Möglichkeit im Interesse des Startups eine Finanzierungsrunde (jedenfalls für einzelne Investoren) deutlich zu beschleunigen und dem Startup das für die tägliche Arbeit oder Expansion benötigte Kapital schneller zur Verfügung zu stellen. Allerdings gilt: Für Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Rechtsanwalt und/oder Notar – gerade weil das Second Closing die Geschwindigkeit der Finanzierungsrunde hebt, sollte hier immer ein proaktiv mitdenkender Rechtsanwalt und ein (im Bereich Venture Capital) erfahrener Notar zurate gezogen werden. Die Chancen sind die Kosten und Risiken wert.

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