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03.08.2021 // Recht + Betriebspraxis

Mit Vertragsmustern den Zugang zu Venture Capital erleichtern?

In Singapur möchte man für Startup Unternehmen den Zugang zu Venture Capital (VC) Finanzierungen erleichtern. Zu diesem Zweck sind im Inselstaat nun standardisierte Vertragsmuster veröffentlicht worden, die Gründer während der ersten Investitionsrunden dabei unterstützen sollen, die juristische Komplexität solcher Transaktionen besser in den Griff zu bekommen. Hinter dieser Initiative stehen unter anderem die Vereinigung singapurischer VC Investoren, sowie die singapurische Akademie des Rechts.

Singapur ist seit langem um Etablierung als internationaler Startup Hub bestrebt. Unter anderem sollen ein flexibles Gesellschaftsrecht und Steueranreize Gründer nach Südostasien locken. Die jetzt veröffentlichten Vertragsmuster sollen Gründer dabei unterstützen, das für die Gründungsphase erforderliche Startkapital für ihre Unternehmen einzusammeln. Die Dokumente sind speziell auf Series-A Investitionen ausgelegt, also der ersten großen Investitionsrunde nach der Gründung.

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Wer ist für die Vertragsmuster verantwortlich?

Die Vertragsmuster sind das Ergebnis einer Kooperation zwischen der Singapore Academy of Law (SAL) und der Singapore Venture Capital & Private Equity Association (SVCA). Es handelt sich also nicht um offizielle Dokumente aus der Feder des singapurischen Gesetzgebers. SAL und SVCA haben gemeinsam mit Vertretern großer Anwaltskanzleien und Investmentfonds zahlreiche Stakeholder befragt und auf dieser Basis die Vertragsentwürfe erstellt.

Am 23. Oktober 2018 wurden die Vertragsmuster gebündelt unter dem Titel Venture Capital Investment Model Agreements (VIMA) veröffentlicht und können nun kostenfrei auf der SVCA Webseite heruntergeladen werden. Ein Ziel der VIMA ist es, die Interessen von Gründern und Investoren gleichermaßen zu berücksichtigen und ausgeglichene Regelungen für beide Seiten zu treffen.

Welche Vertragsmuster gibt es?

Das VIMA Kit enthält ein Venture Capital Lexikon, welches auf fünf Seiten die wichtigsten Fachbegriffe aus der VC Welt zusammenfasst und anschaulich erklärt. Außerdem sind Rechenbeispiele für Themen wie Verwässerung und Liquidation aufgeführt.

Enthalten sind außerdem zwei verschiedene Term Sheet Vorlagen, die (unverbindlich) den Verhandlungsstand festhalten. Daran schließt sich das Muster Subscription Agreement an. Dieses legt verbindlich fest, welche Art von Anteilen zu welchen Bedingungen erworben werden.

Das Muster eines Shareholders‘ Agreement regelt als Gesellschaftsvertrag die wesentlichen Rechte und Pflichten der Investoren und Gründer als Gesellschafter des Unternehmens. Anders als im deutschen Recht ist in Singapur regelmäßig auch die Gesellschaft selbst eine Vertragspartei des Gesellschaftsvertrages. Grund dafür ist unter anderem, dass die Gesellschafter in Singapur deutlich weniger Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft haben, als beispielsweise im deutschen Recht.

Das VIMA Kit wird abgerundet mit einer Vorlage für eine Geheimhaltungsvereinbarung und einem Muster Convertible Agreement Regarding Equity (CARE). Das CARE regelt eine Form der Gegenleistung für ein Investment, die – abhängig von bestimmten Faktoren – entweder in Geschäftsanteilen oder in der Erstattung des Investments in Form eines Darlehens besteht.

Die VIMA sollen je nach Bedarf und Resonanz aus der Wirtschaft aktualisiert und ergänzt werden. Auch wenn es sich hierbei um Muster handelt, die an die Besonderheiten des Einzelfalls angepasst werden müssen, können sie für Startups eine große Hilfe sein. Zudem sparen Gründer Rechtsberatungskosten, da keine neuen Verträge erstellt  oder Muster der Gegenseite geprüft werden müssen, sondern “nur“ Individualisierungen an VIMA anfallen.

Relevanz für ausländische Gründer und Investoren?

Der Vorsitzende des singapurischen Supreme Court und Leiter der SAL, Sundaresh Menon, erklärte bei Veröffentlichung der VIMA, diese Initiative ergänze die nationalen Bemühungen zur Förderung des Wachstums und der Dynamik des VC-Ökosystems in Singapur. Man erwarte, dass VIMA eine Schlüsselrolle bei der Etablierung singapurischen Rechts für frühe Investitionsrunden spielen werden, da die Vertragsmuster standardmäßig dem singapurischen Recht unterliegen und einen singapurischen Gerichtsstand, etwa das international anerkannte Singapore International Arbitration Centre (SIAC), vorsehen.

VC-Investitionen in Südostasien betrugen in den ersten acht Monaten 2018 USD 3,16 Mrd.; hiervon beansprucht Singapur mit USD 2,62 Mrd. den größten Teil für sich. Das Investitionsvolumen übertrifft damit bereits jetzt die Vorjahresgesamtinvestitionen von USD 2,72 Mrd.
 

Fazit

Singapur engagiert sich Gründer aus aller Welt anzulocken, um erfolgreiche Startups hervorzubringen. Das VIMA Kit erleichtert Gründern die rechtlichen Herausforderungen der ersten Investitionsrunden und gibt ihnen nützliche Werkzeuge an die Hand. Auch für ausländische Startups sind VIMA Muster interessant. So können internationale Gründer und Investoren mit singapurischem Recht eine neutrale Rechtswahl treffen und in Konfliktfällen auf das SIAC als weltweit anerkanntes Schiedsgericht zugreifen.

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