- Umweltsünder identifizieren und bekannt machen – bessere Sanktionierung nicht konformer Unternehmen
- Ermächtigung der zuständigen Behörden, zuwiderhandelnde und konkrete Durchsetzungsmaßnahmen zu veröffentlichen sowie Einzelheiten über nicht konforme Unternehmen, Produkte und Chemikalien an Verbraucherorganisationen weiterzugeben, die ihrerseits die Verbraucher über ihre Kommunikationskanäle warnen könnten
Aktuelles aus der Umweltpolitik
Der Gesamtverband textil+mode hat für Sie die übergreifende Informationen aus dem Bereich der nationalen und europäischen Umweltpolitik haben wir für Sie zusammengestellt.
EU-Kommission
Umweltpolitik, ein Schwerpunkt des Arbeitsprogramms 2022 der EU-Kommission/ High Level Group Chemikalienstrategie CSS
Die EU-Kommission hat am 19. Oktober 2021 ihr Arbeitsprogramm für das kommende Jahr vorgestellt. Darin nimmt die weitere Umsetzung des Green Deal eine zentrale Rolle ein, etwa im Hinblick auf die Förderung der Kreislaufwirtschaft oder die sogenannte Null-Schadstoff-Ambition. Das Arbeitsprogramm der EU-Kommission finden Sie hier.
Auch die europäische Chemikalienpolitik adressiert das Arbeitsprogramm 2022 der EU-Kommission. Deutlich wird die enge Verknüpfung diverser regulativer Vorhaben (z. B. IED, Produktsicherheit, Marktüberwachung etc.) mit der Initiative der EU-Kommission zur Chemikalienpolitik (CSS).
Die EU-Kommission hat einen High Level Roundtable zur Chemikalienstrategie (HLRT) eingerichtet, der als Plattform für den Austausch mit und zwischen den Stakeholdern im Rahmen der CSS-Initiative fungieren soll. Dieser berät die EU-Kommission (keine Entscheidungsbefugnis) zu Fragen der Weiterentwicklung der CSS und fokussiert die zahlreichen Maßnahmen der EU-Kommission im Rahmen des Green Deal auf Fragen der nachhaltigen Chemikalienpolitik. Auf der Grundlage uns vorliegender Informationen aus dem HLRT haben wir für Sie die Vorhaben der EU-Kommission des Green Deal für die nächsten drei Jahre mit der Schnittstelle zur Chemikalienpolitik zusammengestellt (siehe Downloads). Schnell wird ersichtlich, welche Dynamik sektorübergreifende Regulierungsvorhaben mit Schnittstelle zum Stoff- und Chemikalienrecht (konkret findet sich auch PFAS namentlich in zahlreichen Maßnahmen wieder) in den nächsten drei Jahren haben wird. Vor diesem Hintergrund wird uns die Sicherstellung eines kohärenten Regelwerkes (technische Lösungen vor Stoffverboten) in den nächsten drei Jahren größte Aufmerksamkeit und Engagement abverlangen.
Konkret befasste sich der HLRT in der letzten Sitzung vom November 2021 mit der Schnittstelle Chemikaliensicherheit und Marktüberwachung (für uns ein wichtiges und aktuelles Thema – REACH4Textiles-Projekt).
Der HLRT richtete an die EU-Kommission zehn Empfehlungen, deren wesentliche Inhalte für Sie zusammengefasst wurden (nicht abschließend – detaillierte Informationen entnehmen Sie bitte den Downloads):
- Widerruf der Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung (REACH) bei Verstößen – Löschung von Registrierungsnummern
- Wiederholte Verstöße sollten ebenfalls als erschwerender Umstand und als Grundlage für höhere Strafen angesehen werden
- Nicht konforme Stoffe sollten nicht in den EU-Markt gelangen – bessere Investitionen in den Zoll
- Erhebung von Gebühren für Inspektionen/Konformitätskontrollen für nicht konforme Stoffe, Dossiers oder Produkte zur Deckung zusätzlicher Aufwendungen der nationalen Durchsetzungsbehörden sowie der ECHA
- Dies darf jedoch für konforme Hersteller und Lieferanten keine zusätzlichen Kosten verursachen. Die Kosten der Einhaltung dürfen nicht höher sein als die Kosten der Nichteinhaltung
- Die REACH-Verordnung und andere einschlägige Rechtsvorschriften sollten verpflichtende Regelungen z. B. zur Art und Höhe von Sanktionen enthalten
- eine bessere Nutzung des EU-Netzes für die Einhaltung der Produktvorschriften und seiner Gruppen für Verwaltungszusammenarbeit (AdCos)
- bessere Koordination der EU-Behörden
- Einrichtung einer zentralisierten europäischen „Kontrollstelle“ – Stärkung der Rolle des ECHA-Forums
- Mechanismen zur Unterstützung der Durchsetzungskapazitäten der Mitgliedstaaten einschließlich Austausch bewährter Verfahren
- jährliche Analyse der Wirtschaftspolitik/Situation der einzelnen Mitgliedstaaten
- Entwicklung von Instrumenten für die Marktüberwachung des Online-Handels
- Vollzug/Kontrollen, Hintergrunddokumente
Zölle für die Finanzierung der Zollbehörden und der Marktaufsichtsbehörden in den Mitgliedstaaten nutzen
- harmonisierte Durchsetzung der Marktüberwachungsverordnung durch die Festlegung einheitlicher Bedingungen und Häufigkeit der Kontrollen
- Sicherstellung ausreichender Laborkapazitäten
- Gründung eines Labor-Netzwerkes
- Geeignete analytische Standards müssen sowohl in der Nicht-EU- als auch in den EU-Prüflabors gewährleistet sein und Tests sollten von akkreditierten Laboratorien durchgeführt werden
- Zur Unterstützung der Konformitätsprüfung sollten die Unternehmen verpflichtet werden, freiwillig geeignete Referenzstandards und Referenzanalysemethoden für die nationalen Behörden bereitzustellen
- bessere Durchsetzungsinstrumente bei Online-Verkäufen und -Einfuhren – klare Definition von Sicherheitsvorschriften für Online-Plattformen, den Verantwortlichkeiten sowie Klärung von Haftbarkeitsfragen
- bessere EU-weite Regulierungs- und Durchsetzungsmittel
- EU-Gesetze über chemische Stoffe und Produkte sollen in Übereinstimmung mit dem vorgeschlagenen Gesetz über digitale Dienste und die allgemeine Produktsicherheit stehen (z. B. Gesetz über digitale Dienste (derzeit noch in der Verhandlung))
Schaffung eines rechtlichen Rahmens, dass Unternehmen den Behörden nicht konforme Stoffe und Produkte ihrer Konkurrenten bzw. Nichtkonformität in ihrem eigenen Unternehmen melden können/sollen – Jeder Whistleblowing-Mechanismus erfordert einen klaren Prozess, der es den Unternehmen ermöglicht, sich zu verteidigen und schikanöse Beschwerden herauszufiltern
Kooperationsabkommen zwischen der EU und den Zollbehörden und den für Chemikalien zuständigen Behörden von Drittländern
Bewertung:
Einige der vorgeschlagenen Maßnahmen werden vom Gesamtverband vollumfänglich unterstützt, andere bedürfen jedoch dringend eines weiteren Diskurses. Begrüßt wird daher der von EURATEX eingebrachte Vorschlag, ein Positionspapier zur Marktüberwachung im Textilsektor zu erarbeiten. Es wurde angeregt, sich in diesem auch zu den zehn Empfehlungen der High Level Group zu positionieren (besonders kritisch gesehen wird die die Empfehlung Nr. 9, Diskussionsbedarf ergibt sich jedoch auch zu weiteren Einzelpunkten).
Hinweise, Anregungen, Positionen hierzu nimmt Antje Eichler vom Gesamtverband jederzeit und gern entgegen.
Ansprechpartner*innen
Downloads
Kommissionsvorschlag eines EU-Rechtsakts gegen Entwaldung – Betroffenheit: Leder
Am 17. November 2021 hat die EU-Kommission eine produktbezogene Verordnung gegen Entwaldung und Waldschädigung vorgeschlagen. Darin vorgesehen sind Sorgfaltspflichten für betroffene Unternehmen zur Vermarktung erfasster Produkte in der EU. Der Vorschlag geht auf den Green Deal zurück.
Umfasste Produkte sind Soja, Rindfleisch, Palmöl, Holz, Kaffee und Kakao und darüber hinaus abgeleitete Produkte, wie Schokolade, Leder oder Möbel. Gummi ist zunächst nicht vom Vorschlag erfasst.
Unternehmen, die diese Produkte in der EU vermarkten wollen, müssten nach dem Vorschlag eine verbindliche Sorgfaltspflicht erfüllen.
Ein von der EU-Kommission betriebenes Benchmarking-System wird Länder mit geringem, normalem oder hohem Risiko für die Produktion von Rohstoffen oder Produkten identifizieren, die nicht entwaldungsfrei sind oder nicht mit den Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes übereinstimmen. Die Verpflichtungen für Marktteilnehmer und Behörden werden sich nach dem Risikoniveau des Produktionslandes oder der Region richten, wobei die Sorgfaltspflichten für Produkte aus Ländern mit geringem Risiko vereinfacht und für Gebiete mit hohem Risiko verschärft werden. Bei Verstößen drohen Vermarktungsverbote.
Im nächsten Schritt müssen sich nun EU-Parlament und Rat mit dem Vorschlag befassen. Weitere Informationen der EU-Kommission finden Sie hier.
EU-Bodenschutzstrategie
Gleichfalls am 17. November 2021 präsentierte die EU-Kommission ihre im Rahmen des EU Green Deal angekündigte Bodenschutzstrategie, mit der die Bodenverschmutzung in der EU bis 2050 auf ein bestimmtes Niedrigmaß reduziert und die nachhaltige Nutzung gefördert werden.
In der Strategie kündigt die EU-Kommission die Erarbeitung einer legislativen Initiative (potenziell neuer Rechtsrahmen) mit konkreten Maßnahmen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung von Böden in der EU an. Dazu sieht die Strategie verschiedene punktuelle legislative Maßnahmen vor, u. a. die Weiterverfolgung der geplanten Beschränkung von PFAS und Mikroplastik unter REACH. Auch will die EU-Kommission als Option erwägen, verbindliche EU-Vorgaben zur Identifikation, Registrierung und Beseitigung von belasteten Böden vorzuschlagen.
Weitere Informationen der EU-Kommission finden Sie hier.
EU: Konsultation zur Umwelthaftungsrichtlinie
Die EU-Kommission führt aktuell eine Konsultation zur Bewertung der Umwelthaftungsrichtlinie durch. Im Mittelpunkt dieser Sondierung steht die Frage der Zweckmäßigkeit bzw. einer möglichen Überarbeitung der Richtlinie. Eine Beteiligung an der Konsultation ist bis 27. Dezember 2021 möglich.
Deutschland
Umweltschutz im Koalitionsvertrag
Am 7. Dezember 2021 wurde der Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Bündnis 90/die Grünen unterzeichnet. Nachstehend wurden die wichtigsten Aussagen und Vorhaben mit Bezug zum Umweltschutz für Sie zusammengefasst:
Immissionsschutz
- Unterstützung der EU-Kommission bei der geplanten Novellierung der Luftqualitätsrichtlinie
- Modernisierung der TA Lärm – Prüfung der Einführung einer Gesamtlärmbetrachtung
Gewässerschutz
- zügige Umsetzung der nationalen Wasserstrategie, die das BMU ohne Zustimmung der Bundesregierung im Juni 2021 veröffentlicht hat (offen ist deshalb, ob darin aufgeführte Maßnahmen bundesweit Zustimmung finden). Beispiele darin sind:
- Aufnahme eines Wasserfußabdrucks in die Nachhaltigkeitsberichterstattung
- Anpassung ordnungsrechtlicher Anforderungen an die Nutzung von Wasserkraft
- Herstellerverantwortung zur Finanzierung der vierten Reinigungsstufe von Kläranlagen
- Entwicklung einer Leitlinie zur Wasserentnahme, die der öffentlichen Trinkwasserversorgung Vorrang einräumen soll
- Novellierung des Abwasserabgabengesetzes und Einführung einer Umweltqualitätsnorm (UQN) für Arzneimittelwirkstoffe (Finanzierung der vierten Reinigungsstufe)
Klimaanpassung/Hochwasserschutz
- Schaffung einer Klimaanpassungsstrategie mit Sofortprogramm und neues Klimaanpassungsgesetz
- Planung einer Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes, umfasst sein sollen u. a.:
- Schaffung bundeseinheitlicher Standards für die Bewertung von Hochwasser- und Starkregenrisiken sowie deren Karten (§ 73 und 74 WHG)
- Überprüfung eines Ausnahmenkatalogs für das Bauen in Überschwemmungsgebieten (§ 78 und § 78a WHG)
Chemikaliensicherheit
- Die Koalition will sich in die Chemikalienstrategie konstruktiv einbringen und Risiken des Einsatzes gesundheitsgefährdender Stoffe reduzieren. PFAS hat es nun auch in den Koalitionsvertrag geschafft, denn namentlich genannt wird die Einschränkung von per- und polyfluorierten Chemikalien (Hinweis: Hierzu hat der Gesamtverband sich bereits positioniert - siehe Downloads)
- Darüber hinaus wurden das Essential-Use-Concept (hier bei der Verwendung wassergefährdender Stoffe in Erzeugnissen mit inakzeptablen Risiken) und die Erweiterung der Risikobewertung unter der REACH-Verordnung benannt
- National soll ein Plan zum Schutz vor hormonaktiven Substanzen erarbeitet werden
Naturschutz und Biodiversität
- 1:1-Umsetzung des europäischen Naturschutzrechts
- Schaffung von Rechtssicherheit im Bereich des Artenschutzes, insbesondere mit Blick auf den Ausbau erneuerbarer Energien (bundeseinheitliche Bewertungsmethode bei der Artenschutzprüfung von Windenergievorhaben)
- Umsetzung der Ziele der europäischen Biodiversitätsstrategie in die nationale Strategie (Ziel: 30 Prozent Schutzgebiete)