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24.06.2021 // Recht + Betriebspraxis

Benachteiligung eines Betriebsratsmitglieds bei der Vergütung

Die Parteien stritten im vorliegenden Fall darüber, ob dem als Betriebsratsmitglied freigestellten Kläger ein Anspruch auf Vergütung als Pflegedirektor zusteht.

Im Jahre 2016 wurde die Stelle des Pflegedirektors intern ausgeschrieben. Neben dem Kläger bewarb sich eine weitere Kollegin. Im Protokoll über das Vorstellungsgespräch wurde, den Kläger betreffend, festgehalten, dieser habe „keine aktuelle aktive Pflegeerfahrung“. Dies sei aber „elementar bei der derzeitigen Lage im Haus“. Bzgl. der Mitbewerberin wurde ausgeführt, ihre Erfahrung in der direkten Pflege und der Stationsleitung sei „sehr ausgeprägt“. Der Geschäftsführer der Beklagten traf im Nachgang die Auswahlentscheidung zu Gunsten der Mitbewerberin. Der Kläger machte daraufhin im Wege der Klage Differenzvergütungsansprüche geltend. Er legte dar, die Stelle sei ihm nur aufgrund seiner Freistellung als Betriebsratsmitglied nicht übertragen worden. Unstreitig erfülle er sämtliche Qualifikationsanforderungen. Wäre er nicht freigestellt gewesen, hätte er unproblematisch aktuelle Erfahrungen in der aktiven Pflege sammeln können. Die Beklagte bestritt eine Benachteiligung und machte geltend, der Kläger habe eine solche nicht hinreichend dargetan.

Das Bundesarbeitsgericht hat am 20. Januar 2021 (Aktenzeichen: 7 AZR 52/20) wie folgt entschieden:

  1. Aus § 78 Satz 2 BetrVG kann sich i. V. m. § 611 a II BGB ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitgliedes auf eine bestimmte Vergütung ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitgliedes wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstellt.
  2. Für das Vorliegen einer unzulässigen Benachteiligung trägt das Betriebsratsmitglied grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast. Das Gericht muss aufgrund der vorgetragenen Tatsachen und Hilfstatsachen zu der Überzeugung gelangen können, dass dem Betriebsratsmitglied ohne das Betriebsratsamt die höherwertige Tätigkeit tatsächlich übertragen worden wäre.
  3. Im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast darf der klagende Arbeitnehmer, der darlegt, dass er die fachlichen Qualifikationsanforderungen der höher dotierten Stelle erfüllt, trotz fehlender genauer Kenntnis die Behauptung aufstellen, er sei wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht für die Stelle ausgewählt worden. Der Arbeitgeber muss sich dann zu dieser Behauptung wahrheitsgemäß erklären und seine Motive für die Auswahlentscheidung so konkret benennen, dass sich das Betriebsratsmitglied hierauf seinerseits einlassen kann.

Zur Begründung führt das Bundearbeitsgericht weiter aus, dass das Landesarbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast des Betriebsratsmitglieds für eine Benachteiligung wegen des Betriebsratsamts i. S. v. § 78 Satz 2 BetrVG verkannt habe. Es sei nicht ausreichend, wenn sich aus dem Vortrag des Betriebsratsmitgliedes lediglich ergebe, dass die Beförderung ohne das Betriebsratsamt „möglich und wahrscheinlich“ gewesen wäre. Vielmehr habe das Betriebsratsmitglied darzulegen, dass es ohne das Betriebsratsamt die behauptete berufliche Entwicklung tatsächlich genommen hätte. Erst dann müsse sich der Arbeitgeber im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast wahrheitsgemäß zu dieser Behauptung erklären und seine Motive für die Auswahlentscheidung zu Gunsten des anderen Bewerbers so konkret benennen, dass wiederum das Betriebsratsmitglied sich hierzu einlassen könne.

Im vorliegenden Fall konnte das freigestellte Betriebsratsmitglied nicht darlegen, dass es ohne das Betriebsratsamt die behauptete berufliche Entwicklung tatsächlich genommen hätte.

Ansprechpartner*innen

Lydia Knapp, LL.M.

Referentin Recht + Betriebspraxis

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) – Fachanwältin für Arbeitsrecht

T +49 711 21050-15M +49 1520 9267590knapp@suedwesttextil.de

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