Profil
©iStockphoto.com/Photobuay
05.07.2021 // Recht + Betriebspraxis

Doppelter Verdienst während einer Freistellung?

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 23. Februar zu einer so genannten Turbo-/Sprinterklausel Stellung genommen.

In einem Aufhebungsvertrag vereinbaren die Parteien häufig eine unwiderrufliche Freistellung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen. Ferner wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zumindest bei langen Kündigungsfristen oft eine so genannte Turbo-/Sprinterklausel aufgenommen. Nach dieser Regelung hat der Arbeitnehmer das Recht, das Arbeitsverhältnis vorzeitig mit einer kurzen Kündigungsfrist zu beenden und erhält in diesem Falle eine zusätzliche Abfindung, welche aus dem durch die vorzeitige Beendigung entgangenen Verdienst (50 Prozent/75 Prozent/100 Prozent, je nach Vereinbarung) besteht. Hierdurch soll ein Anreiz gesetzt werden, dass Arbeitsverhältnis schnell beenden zu können, wenn der Arbeitnehmer eine neue Anstellung findet.

Das Bundesarbeitsgericht hat nun aktuell zu einer solchen Klausel zu entscheiden gehabt (BAG, Urteil vom 23.02.2021 – 5 AZR 314/20). In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Arbeitnehmer trotz Vorliegen einer solchen Turbo-/Sprinterklausel von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht, sondern einfach eine weitere Tätigkeit während der Freistellungsphase angetreten. Fraglich war, ob sich der Arbeitnehmer den beim anderen Arbeitgeber erzielten Verdienst auf das Gehalt beim „bisherigen“ Arbeitgeber hätte anrechnen lassen müssen. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu festgehalten, dass eine Anrechnung bei einvernehmlicher Freistellungsvereinbarung grundsätzlich ausdrücklich vereinbart werden muss. Ansonsten sei anderweitiger Verdienst ohne jede Anrechnung möglich. Dies gilt allerdings nicht in dem Fall, dass der Arbeitnehmer eine sog. Konkurrenztätigkeit aufnimmt. Die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit ist auch in einer Freistellungsphase ausdrücklich von Gesetzes wegen nach § 60 HGB untersagt. Allerdings spreche das Vorliegen einer so genannten Turbo-/Sprinterklausel dafür, dass eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes konkludent vereinbart und gewollt gewesen sei. Das BAG gab also dem Arbeitgeber vorliegend recht.

Für die Gestaltungspraxis lässt sich aus dieser Entscheidung mitnehmen, dass bei der Vereinbarung einer unwiderruflichen Freistellung im Aufhebungsvertrag stets größte Sorgfalt aufgewendet werden muss. Eine unwiderrufliche Freistellung sollte – neben der Anrechnung von Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüchen – stets ausführlich regeln, dass anderweitiger Verdienst anzurechnen ist. Auch empfehlen wir ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass auch während der Freistellungsphase jede Konkurrenztätigkeit weiterhin untersagt ist.

Ansprechpartner*innen

Alexander Stöhr

Stv. Hauptgeschäftsführer | Leiter Recht + Betriebspraxis

Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) – Fachanwalt für Arbeitsrecht

T +49 711 21050-22M +49 1590 4071330stoehr@suedwesttextil.de

Auch interessant ...

Logo SüdwesttextilDieser Browser wird leider nicht unterstützt.

Bitte verwenden Sie einen alternativen Browser oder aktualisieren Sie die bestehende Software.

> ECMAScript 6 required