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10.05.2021 // Kommunikation + Event

Ein gutes Gefühl nach Innen und Außen

Im Interview mit Südwesttextil spricht Jürgen Schweikardt auch über Umsatzeinbrüche im Lockdown, doch vor allem um die Vision der Familie, Menschen mit nachhaltiger Mode ein tolles Gefühl zu geben. Hohe Qualität Made in Germany: mit Farben, Muster und einem eigenen Look.

Wie bei vielen Betrieben beginnt die Geschichte von Schweikardt Moden mit einer Strickmaschine, die der Großvater in den 60er Jahren für kleine Aufträge in einem alten Stall aufstellte. Schnell wuchs das Unternehmen und so ist es kaum verwunderlich, dass der Sohn Richard Schweikardt, ein gelernter Maschinenmechaniker, seine Irene, eine ausgebildete Textiltechnikerin, sich bereits in der textilen Welt kennenlernten. Sie investierten in eine moderne Strickmaschine und übernahmen schnell den gesamten Betrieb. Auf die Anfangszeit mit Fremdaufträgen und hohen Stückzahlen folgte schnell die Entwicklung eigener Kollektionen, bei denen von Anfang an die Nachhaltigkeit der Textilien eine wichtige Rolle spielte.

Jürgen Schweikardt, Geschäftsführer in der dritten Generation, erinnert sich gerne an seine Kindheit im Unternehmen und die frühe Begeisterung fürs Textil. Trotzdem machte er nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung als Tischler und schloß mit einem Stipendium den Holztechniker und Meister an. Das textile Familienunternehmen ließ ihn parallel aber nie los: er überlegte mit und brachte insbesondere in Vertrieb und Produktion Lösungen ein. „Beides ging natürlich nicht mit Herzblut. Man kann zwar zwei Sachen machen, aber nicht richtig gut.“ So entschied er sich 2001 für den Einstieg in das Familienunternehmen und brachte die Eigenmarke Dunque noch im selben Jahr mit einem 3x4m-Reihenstand das erste Mal auf eine Messe. Unvergesslich, wenn auch zunächst ernüchternd, berichtet er stolz, wie sich Schweikardt Moden zunehmend einen eigenen Vertrieb und damit die Unabhängigkeit aufgebaut hat. Im Jahr 2010 kam dann noch die zweite Eigenmarke Naturalmente dazu, am Anfang als reine Webkollektion ohne Strick.

Irene und Richard Schweikardt mit ihren Kindern Simone und Jürgen. (v.l.n.r.)
©Schweikardt Moden

Mitglied

Herausforderungen in der Corona-Krise

„In den letzten zwanzig Jahren ging es stetig bergauf – bis mit dem Jahr 2020 die Corona-Krise kam“, fügt Jürgen Schweikardt bedauernd hinzu. Zunächst sei er optimistisch gewesen, weil viele Premium-Händler auf Stammkundschaft und persönliche Kontakte bauen konnten. Der anhaltende Lockdown und die fehlenden Perspektiven seitens der Politik stimmen ihn mittlerweile mit Blick auf den Vertrieb der relativ saison- und modeunabhängigen Kollektionen der beiden Marken pessimistisch. Die Überlegungen einen eigenen Direktvertrieb aufzubauen bestreitet er nicht – aktuell und in Zukunft glaubt Schweikardt aber an den Einzelhandel und reagiert unter anderem mit guten Kombinationsmöglichkeiten unter den Kollektionen.  

Der Blick des Geschäftsführers ist jedoch nur kurzfristig getrübt, denn er sieht, dass Unternehmen mit einer nachhaltigen DNA auch Krisen besser meistern. Nur Lippenbekenntnisse würden hier allerdings nicht reichen, daher sieht er die Initiativen von Politik und Industrie positiv. Nicht ohne Grund gehörte der Strickspezialist zu den Gründungsmitgliedern des Textilbündnisses. Als dann der Grüne Knopf kam, ist die Firma jedoch wieder ausgetreten. Nach Meinung des Geschäftsführers war die Roadmap des Textilbündnisses nicht durchdacht und der bürokratische Aufwand für sein kleines mittelständisches Unternehmen zu groß und zu zeitintensiv. Im September 2019 war Schweikardt Moden wieder eine der ersten Firmen, die beim Start des Grünen Knopfes mit dabei waren und wurden dafür von Minister Gerd Müller ausgezeichnet. 

Eine Frau in einem kurzärmligen, bunt gemusterten Kleid von Schweikardt Moden steht lachend unter einem Weidebaum an einem See.
©Schweikardt Moden

Nachhaltige DNA 

Für Schweikardt Moden sind Transparenz, Fairness und zertifiziertes Sourcing von Naturmaterialien aus kontrolliert biologischen Bedingungen schon lange selbstverständlich. Denn Nachhaltigkeit wird in der Familie Schweikardt schon immer gelebt. Seine Mutter Irene engagiert sich seit Jahren im Richtlinienausschuss des IVN (Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft) und er selbst ist seit 12 Jahren Vorstandsmitglied. 

„Wir haben uns als Unternehmen nicht nur für Standards eingesetzt, in denen wir selbst tätig sind. Wenn wir für die gesamte Textilindustrie im Bereich Nachhaltigkeit nur eine kleine Verbesserung bewirken, ist schon viel erreicht.“

Die Hürden sollten im Sinne einer nachhaltigen Veränderung jedoch nicht zu hoch angesetzt werden. Es gehe darum, die Akteure abzuholen und sie in Bewegung zu bringen.

„Von heute auf morgen ein etabliertes Unternehmen nachhaltig umzustellen, ist kaum möglich. Schon aus der Verantwortung zu bisherigen Lieferanten, Kunden und Mitarbeitern muss ein Unternehmen einen Weg finden, den auch alle mitgehen können.“ 

Neben dem langjährigen Engagement für das Thema Nachhaltigkeit prägt die Arbeit der Naturtextiler vor allem das Gespür für Farben, Harmonie und Muster. So gäbe es keine Ziel- sondern eher eine Stilgruppe für die Kreationen.

„Unsere Kundinnen lieben es mit ihrem Look aufzufallen und auf ihr Lieblingsteil aus unserer Kollektion angesprochen zu werden“

Die Marke Dunque steht für genau diese Lieblingsteile – Wohlfühlen dank hochwertiger Naturmaterialien und Auffallen durch farbenfrohe Muster, teilweise im Mix, inspiriert und modisch orientiert, aber trotzdem zeitlos. Die Kollektionen von Naturalmente im Materialmix hochwertiger Strick- und Webware sind stylisch, elegant und körperumspielend, mit einem unverwechselbaren Tragekomfort. Die verarbeitete Baumwolle ist mindestens GOTS-zertifiziert und je nach Farbe sogar IVN-Best.

Eine Frau in einem blassblauen Kleid von Schweikardt Moden steht vor einer orange farbenen Wand mit einem Gemälde. In der Hand hält sie einen Blumenstrauß.
©Schweikardt Moden
Auf einem Holzhocker vor einer geblümten Tapete liegen mehrere Strickoberteile in bunten Mustern von Schweikardt Moden.
©Schweikardt Moden

Produktion ausschließlich in Sonnenbühl

Schweikardt Moden produziert nach wie vor vollstufig in Sonnenbühl, profitiert von kurzen Wegen und holte sogar in den vergangen Jahren zuvor regional vergebene Prozesse wieder ins Unternehmen zurück. Für Jürgen Schweikardt ist die Qualität der entscheidende Faktor, um im Premium-Bereich die höheren Standortkosten ausgleichen zu können. 2011 vollzog er mit der Übernahme auch die technische Modernisierung des Betriebs. Nun blickt er auf einen Maschinenpark mit einem Durchschnittsalter von vier bis fünf Jahren, so können technische Neuheiten stets schnell integriert werden. Dafür sind die 38 Mitarbeitenden ebenfalls eine wichtige Ressource und jährlich werden die Ausbildungsberufe Textil- und Modenäher/in, Textil und Modeschneider/in sowie Produktionsmechaniker/in Textil ausgebildet. Nach wie vor ist die Familie mit ganzem Herzen und zwei Generationen dabei. Schwester Simone ist zuständig für die Belange der Mitarbeiter und die Lohnbuchhaltung. Mutter Irene bezeichnet sich als „Mädchen für Alles“, gibt mit dem Gespür für Trends, Farben und Formen den Ton für die Musterentwicklung an. Mit Liebe und ebenso mit dem Blick auf Farbharmonie werden die Erstmuster noch von Vater Richard abgestrickt. Jürgen Schweikardt zeichnet alle grafischen Muster selbst und schaut sich Jahr für Jahr mehr von seinen Eltern ab – für ganz neue Kreationen – und um es einmal selbst weitergeben zu können. Durch die Nähe zu Kunden und Erfahrung ist sein Statement maßgebend für die Aussage der Kollektionen. 

Ob es wohl die vierte Generation geben wird? Bei dieser Frage lacht Jürgen Schweikardt mit Blick auf das textile Blut in der Familie. Seine Kinder springen wie er selbst früher im Unternehmen umher – fleißig nähen würde seine Tochter auch schon. 

Wir lassen uns überraschen! 

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