Lieferkettengesetz: Cotton since 1901 als Best-Practice-Beispiel
Die Gebr. Otto Feingarnspinnerei und Zwirnerei aus dem baden-württembergischen Dietenheim erfüllt mit den Baumwollgarnen seiner Marke Cotton since 1901. Made in Germany bereits heute die Anforderungen des für 2021 geplanten Lieferkettengesetzes.
Während das Gesetz insbesondere in der Textilindustrie kontrovers diskutiert wird, nutzt das Traditionsunternehmen die Anforderungen des Gesetzes als Basis für einen Wettbewerbsvorteil. Der Ulmer Experte für nachhaltige Unternehmensführung, Professor Martin Müller, versteht Gebr. Otto mit Cotton since 1901 deshalb als Best-Practice-Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung des geplanten Gesetzes.
„Natürlich haben es die leichter, die bisher schon nachhaltig gearbeitet haben.“
Gebr. Otto ist ein inhabergeführtes, mittelständisches Familienunternehmen, seit knapp 120 Jahren in Dietenheim bei Ulm ansässig. Im Frühsommer dieses Jahres hat der Garnhersteller seine Marke Cotton since 1901. Made in Germany lanciert. Sie steht für regional hergestellte Baumwollgarne, deren Weg nachvollziehbar ist, von der Baumwollkapsel bis zur fertigen Garnspule. Verarbeitet wird nur ökologisch und ethisch einwandfrei angebaute Baumwolle.
„Wir spinnen, zwirnen, färben und veredeln unsere Garne der Marke Cotton since 1901 in Deutschland. Dabei legen wir von Haus aus viel Wert auf eine umweltfreundliche und verantwortungsvolle Verarbeitung. Eine saubere Dokumentation, inklusive bezüglich des Ursprungs unserer Rohstoffe, ist selbstverständlich.“
Andreas Merkel, Geschäftsführer von Gebr. Otto
Das Dietenheimer Traditionsunternehmen lässt seine Prozesse seit Jahrzehnten von unabhängigen Stellen prüfen und zertifizieren. In Sachen Umweltschutzstandards und nachhaltiger Verarbeitung hat Gebr. Otto mehrere Preise gewonnen. Diese Philosophie zahlt sich nun hinsichtlich des Gesetzesvorhabens aus: Gebr. Otto erfüllt mit Cotton since 1901. Made in Germany die Anforderungen des Lieferkettengesetzes in vollem Umfang. "Natürlich haben es die leichter, die schon immer nachhaltig gearbeitet haben", konstatiert Otto-Geschäftsführer Merkel.
Mitglied
Das Lieferkettengesetz und die Textilindustrie
Gemäß dem für 2021 geplanten Lieferkettengesetz sollen in Deutschland ansässige Unternehmen dafür Sorge tragen, dass entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten soziale Mindeststandards eingehalten werden. Zusätzliche Auflagen hinsichtlich Umweltschutz werden derzeit diskutiert.
„Für die Textilindustrie bringt das geplante Lieferkettengesetz natürlich Herausforderungen mit sich. Sie ist in vielen Teilen der Fertigungskette personalintensiv. Dem gegenüber stehen meist kurze Produktlebenszyklen sowie ein hoher Kosten- und Wettbewerbsdruck, der dann zu Lasten der in der Industrie beschäftigten Menschen geht.“
Professor Martin Müller vom Institut für nachhaltige Unternehmensführung an der Universität Ulm
Das sei ähnlich wie in der Lebensmittelindustrie, die ebenfalls in vielen Bereichen von menschlicher Arbeit abhängt. In Industrien, die viele Prozesse automatisiert haben, beispielsweise dem Automobilbau, werde dieser Druck hingegen besser abgefedert. Dazu komme in der Textilindustrie die Fragmentierung der gesamten Supply Chain, gepaart mit der geringen Fertigungstiefe bei den einzelnen Teilnehmern. „Je verzweigter die Lieferkette wird, desto schwieriger wird es, sie nachzuvollziehen“, so der Nachhaltigkeitsexperte.
Nicht aus der Defensive, sondern als Chance betrachten
„Ein Konfektionär beispielsweise hat gleich mehrere Ketten, die er rückverfolgen muss; die Weberei, die Spinnerei, die Strickerei. Das ist natürlich unglaublich aufwendig“, sagt auch Andreas Merkel. Andererseits, so Merkel, kenne jeder Akteur seine 'Hotspots', bei denen man genau hinschauen muss. Für den Garnhersteller ist der Baumwollanbau ein solcher Hotspot. Deshalb bezieht Gebr. Otto seine Rohmaterialien für „Cotton since 1901“ von Baumwollbauern in Europa und den Mittelmeerstaaten. Seine meist langjährigen Lieferanten besucht Gebr. Otto außerdem regelmäßig.
„Das beutet Aufwand, keine Frage. Aber wenn wir den Spieß umdrehen und das Gesetz nicht aus der Defensive heraus betrachten, bietet es uns große Chancen. Schließlich können wir damit dem Endkunden gegenüber nachweisen, dass er ein 'sauberes' Produkt kauft. Und das wird immer wichtiger.“
Geschäftsführer Andreas Merkel
Dem stimmt auch Nachhaltigkeitsexperte Müller zu. Er ist überzeugt, dass das Gesetz Potenzial zur immer wichtigeren Individualisierung bietet:
„Die Vorgaben des Gesetztes kann man für eine klare Positionierung nutzen. Wer sich in seiner Nische ein Spezialprodukt schafft, hat langfristig einen Wettbewerbsvorteil und kann angemessene Preise aufrufen.“