Was tun, bis der Notarzt kommt?
Unter diesem Motto bieten die Rettungsprofis von der „AKADEMIE 15 Minuten fürs Überleben“ ein neues Schulungskonzept der Notfallhilfe für Laien an.
Die Dozenten zeigen einfache, aber überlebensnotwendige Handgriffe, um die maximal 15 Minuten, die der Rettungsdienst in Baden-Württemberg zu den Patienten brauchen darf, zu überbrücken.
„Unsicherheit und Angst etwas falsch zu machen, verringert die Initiative von medizinischen Laien in Notfallsituationen. Es ist wichtig, sich mit diesem unbequemen Thema auseinanderzusetzen. Es kann jeden von uns jederzeit treffen. Die Überlebenschance eines Menschen mit Herzstillstand sinkt ohne Hilfe um 10 Prozent pro Minute. Bereits nach 5 Minuten sind Hirnschäden sehr wahrscheinlich!
„60 Prozent der Herz-Kreislauf-Stillstände treten zu Hause auf, 45 Prozent werden von Familienangehörigen, Freundinnen und Freunden oder anderen Personen beobachtet“ sagt Joachim Böttinger. Er ist einer der Dozenten der AKADEMIE und laut seinen Aussagen ein „Rettungsdienstfossil“. Unzählige Patienten hat er schon als Notfallsanitäter im Rettungswagen oder im Christoph 41 behandelt.
„Jeder, der die einfachen Handgriffe im Notfall beherrscht, kann Leben retten. Und die Handgriffe sind kinderleicht“
ergänzt Peter Cartes. Der Notarzt arbeitet, wenn er sich nicht gerade für die AKADEMIE engagiert, als Facharzt für Anästhesie und Intensivmediziner in einem Krankenhaus. Dort ist er unter anderem auch der Reanimationstrainer für die Profis. Weiterhin findet man ihn regelmäßig als Notarzt im Notfalleinsatzfahrzeug oder im Rettungshubschrauber Christoph 41.
Wie kinderleicht die Handgriffe sind, wird von den Profis in lockerer Atmosphäre und mit viel Wortwitz vorgeführt und gemeinsam an den modernen, digital vernetzten Reanimationspuppen geübt.
„Wenn ich als private Person zu einem Notfall komme, habe ich meist auch nur meine Hände und meinen Kopf, die man aber effektiv einsetzen kann, um das Überleben des Patienten zu sichern. Dies gilt besonders beim Herz-Kreislauf-Stillstand. Denn hier läuft die Uhr gegen das Leben“, gibt Cartes zu bedenken. „Alle komplexen Handgriffe und Abläufe können auf wenige Merkworte reduziert werden, um den Laien-Rettern die Hilfe zu erleichtern und den Mut für beherztes Einschreiten zu geben“, erklärt Böttinger den Schulungsansatz des Vereins.
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PRÜFEN – RUFEN – DRÜCKEN
So einfach ist es. Man prüft, ob Bewusstsein und Atmung vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, muss Hilfe durch Umstehende und bei der Leitstelle über die Nummer 112 geholt werden. Danach den Brustkorb freimachen und mit gestreckten Armen die Mitte des Brustkorbes 100 Mal in der Minute 5 Zentimeter tief eindrücken. Das geht so weiter, bis der Rettungsdienst eintrifft. Natürlich gibt es noch viele Tricks und Kniffe, die viel auf der erlebten Praxiserfahrung der beiden Retter basieren.
Die beiden Profis und ihr Team informieren, beraten und schulen nach den neuesten Leitlinien des German Resuscitation Council (Deutscher Rat für Wiederbelebung). Mit der „AKADEMIE 15 Minuten fürs Überleben“ treten Böttinger und Cartes nicht in Konkurrenz mit den großen Hilfsorganisationen. Vielmehr schließt dieses Schulungs-Konzept eine vorhandene Ausbildungslücke und sorgt sekundär für merkbaren Zustrom zu den Erste-Hilfe-Kursen. Einmal im Jahr diese lebenswichtigen Handgriffe zu üben, hilft im Notfall richtig zu handeln.
Deutschland belegt im europäischen Vergleich der Laien-Reanimation einen der letzten Plätze. Nur ca. 42 Prozent aller Herz-Kreislauf-Stillstände werden hierzulande von Ersthelfern vor Eintreffen der Profis versorgt, was schon eine enorme Steigerung in den letzten Jahren darstellt. 2010 waren es nur 14 Prozent. In den Niederlanden sind es dagegen 70 bis 80 Prozent. Entmutigen lassen sich die Profis von diesen Zahlen nicht. „Es ist ein Ansporn für uns, uns noch intensiver darum zu bemühen, die Menschen zu beraten und auszubilden. Und wer weiß, vielleicht brauchen wir ja auch einmal die Hilfe eines Laien im Notfall...“, meint Cartes.